Der unterzeichnete Director des Oesterr. Museums spricht Ihnen,
hochverehrte Baronin, im eigenen Namen wie im Namen der seiner
Leitung anvertrauten Institute das herzlichste Beileid aus.
Das Andenken an Ihren Herrn Gemahl wird auch in unserem
Hause lebendig bleiben.
In aufrichtiger Theilnahme zeichnet ergebenst
Wien, am 6. Januar 1894.
Der Director des k. k. Oesterr. Museums und Vorsitzende
des Aufsichtsrathes der Kunstgewerbeschule:
J. v. Falke.
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Der Lehrkörper der Kunstgewerbeschule des Oesterr. Museums hat
einen Kranz auf dem Sarge des Verewigten niedergelegt.
August Artaria. 1'. Donnerstag den 14. v. M. starb der Chef der
bekannten Kunsthandlung Artaria 8a Comp. in Wien im 87. Lebensjabre.
August Artaria, welcher das seit dem Jahre 1770 bestehende, um die
Verbreitung der wichtigsten Kunstblätter des In- und Auslandes und die
kartographische Darstellung Oesterreich-Ungarns gleich verdiente Ge-
schäft noch erweitert hatte, war kaiserl. Rath, Ritter des Franz-Joseph-
Ordens, Correspondent des Oesterr. Museums, Ehrenmitglied der k. k.
Geographischen Gesellschaft, des Vereines für Landeskunde von Nieder-
österreich, des Niederösterr. Gewerbevereines und des Wiener Alterthums-
Vereines. Die Familie Artaria stammt aus Italien. Um die Mitte des
18. Jahrhunderts kamen die drei Brüder Cesar, Dominik und Johann
Artaria nach Wien; von da an spielt das Haus Artaria in der Kunst-
geschichte unserer Stadt eine nicht unbedeutende Rolle. Im Jahre r77o
erhielt ein Sohn Cesar's, Karl, zuerst die Befugniss, rnit seinen drei
Neffen Franz, Ignaz und Pasquale eine Kunsthandlung in der Residenz
zu eröffnen. In das Jahr 1780 fällt der erste Musikverlag der Firma.
Schon damals war die Handlung auch auf dem Gebiete der zeichnenden
Künste thätig. Im Jahre 1801 trat Dominik, ein Sohn des Franz, an die
Spitze der Firma. Wenige Jahre darauf (1808) starben Franz der Vater
und Karl der Großoheim Dominik's; 1842 starb Dominik, worauf sein
Sohn August das Geschäft übernahm, das er bis au das Ende seines
Lebens fortgeführt hat.
Der Verstorbene bethätigte von Jugend auf großes Interesse für die
Kunst im Allgemeinen und besonders für die graphischen Künste. Seit.
1833 war er im Kunsthandel thätig und bereits im Jahre 1846 hatte er
im Vereine mit J. D. Böhm und R. v. Eitelberger im Kunstvereins-
Locale im Volksgarten eine die Entwicklung des Kupferstiches vorflihrende
Ausstellung veranstaltet. Eine ähnliche Ausstellung im Januar 1889 im
Oesterr. Museum ist noch in Aller Erinnerung.
Seit 1864 gehörte August Artaria dem Museum als Correspondent
an. Im Jahre 1863 hatte derselbe dem Museum den Ankauf der aus 5000
Blättern bestehenden D1ugulin'schen Ornamentstich-Sammlung in der un-
eigenntitzigsten Weise vermittelt. Von Seiten des Protectors des Oesterr.
Museums, des durchl. Herrn Erzherzogs Rainer, wurde ihm vfür diese
patriotische Opferwilligkeit die volle Anerkennunga zu Theil.
Der Verstorbene hinterlässt eine werthvolle Sammlung auf dem
Gebiete der graphischen Künste. Sie umfasst die Werke Rembrandfs
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