jene Mischung hellenischen und orientalischen Wesens vor sich, ohne die
unsere heutige Cnltur nicht denkbar wäre.
Nun beginnt mit der Aufnahme jener orientalisch großartigen Saal-
anlagen mit Kuppeln und Gewölben, der gewaltige Entwicklungsprocess
der modernen Architektur, der im gothischen Dome und in der Kuppel
der Peterskirche seinen Abschluss findet; ein historischer Vorgang, dem
gegenüber die Geschichte des idealen griechischen Tempels nur wie eine
locale Episode, dieser selbst wie das Gerüst erscheint, an dem die welt-
beherrschende Decoration der Antike sich entwickelt hat. Und wie das
Leben jetzt in neuen großartigen Bahnen dahinströmte, wie es sich nicht
mehr um die kleine demagogische Misere kleiner Republiken handelte,
sondern um Wohl und Wehe ausgedehnter Reiche, geleitet von einem
Einzelnen, der energisch den Löwenantheil an den großen Ereignissen
forderte, so trat nunmehr auch die im Orient alteinheimische historische
Kunst wieder kräftig und bedeutend hervor. In dem Völkergetriebe wurde der
Blick für die Eigenthümlichkeit fremder Rassen und damit für historische
Charakteristik geschärft: es braucht nur an die pergamenische Schule
und ihre Barbarendarstellungen erinnert zu werden.
Eine Zeit aber, die den Typus von ganzen Völkern so wohl zu
individualisiren wusste, war auch für das Portrait, nicht mehr für das
ideale der früheren Periode, sondern für das realistische, historische Bildniss
reif, das von ihr gefordert ward. Nicht mehr der heroische Gründer oder
die Schutzgottheit der Stadt, die individuelle Person des Monarchen "ver-
körpert jetzt das Gemeinwesen und so erscheint unter den Nachfolgern
Alexanders zum ersten Male in der Geschichte das Portrait des Herr-
schers auf den Münzen; noch das Geld Alexanders selbst trägt- auf der
Kopfseite eine ideale heroische Bildung, das Haupt des jungen Herakles,
als Sinnbild des anderen Zeussohnes, des Königs selbst. Wer ermessen
will, welch' ungeheuren Schritt die Kunst hier vorwärts gethan hat, der be-
trachte die Bildnissmünzen dieser Diadochen hellenischen, halbgriechischen
und halbbarbarisehen Gehlütes, der Seleukiden in Syrien und der Ptolemäer
in Aegypten, der Herrscher von Kappadokien, Pontus, Bithynien, ja von
Baktrien, theilweise Porträtleistungen ersten Ranges realistisch und doch
stilisirt, als typisches Porträt von dem individnalisirenden der Römer so
weit getrennt, wie die stets auf das Ganze und GroBe gerichtete An-
schaunngsweise des Künstlervolkes par excellence von der lebens- und
staatsklugen desjenigen Volkes, welches die lnstitutionen des römischen
Rechts zu seinen großen Leistungen zählt. Und dass die Kunst gerade
unter solchen Verhältnissen, an solchen fremden und fernabliegenden
Bildungen ihren Witz üben musste, gerade das hat ihre Fähigkeit des Aus-
druckes und der Charakteristik ungemein gesteigert; nicht ohne Absicht
wurde bei diesen Dingen so lang verweilt, liegen doch hier die Grund-
bedingnngen der späteren Medaille. Auch darin, dass bei größerem Ver-
kehre und ausgiebigerem Prunke gewichtigere Stücke (früher, wie die