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jetzt deren sechs mit modernen Capitllen. Die eingezogene lache Decke hat die innere
Form glnzlich verwischt. Echt und ursprünglich sind dagegen die schonen Schnitzereien
der Pnrule, die deutlich die Zeit nach tzoo aufweisen.
Mit dem Auftreten der Gothik wird der Holzbau zurückgedrängt; die größeren,
dreischifügen Anlagen werden in Stein ausgeführt, wahrend der Holzbau nur noch bei
kleineren, einschiffigen Kirchen Anwendung Endet.
Nach der Beschreibung der geographischen Vertheilung der einzelnen Typen geht
der Verfasser auf die Schilderung ihrer reichen Ornarnentation über, welche sich auf
Wandbohlen, Säulen, Chorplanken, Triforienkreuze u. s. w. bis auf die Dachkümme und
die Drachenküpfe der Giebelspitzen erstreckt. Den reichsten Schmuck erhalten die Por-
tale, unter denen wahre Prachtstücke der Holzschnitzkunst sich befinden.
lnt Gegensatz zum Stabbau der Holzkirche ist das profane Holzhaus ein Block-
bau. Das Bauernhaus ist der Grundtypus des Wohnhauses, es ist auch das Vorbild des
nKbnigshofesc. Der Hauptraum des ältesten Hauses ist die nArestubex mit dem in der
Mitte des Raumes gelegenen oEenen Feuerherd ohne Rauchfang (Are), der Rauch ent-,
weicht in primitivster Weise durch eine Oeßnung im Dache, welche zugleich die einzige
Lichtquelle ist. Die Bauten dieser Periode besitzen nur ein Stockwerk. Erst mit Auf-
nahme des aPeisu (poele), des oEenen Herdfeuers mit Rauchfang, treten mehrere
Stockwerke auf.
Auch am Wohnhaus, mehr noch am decorativ wirkenden sStabur: und aLOfIl
(auf Holzblocken ruhende Vorrathshsuser rnit vorgekrngtem Stockwerke) spielt die dem
Kirchenbau entlehnte Ornamentik eine hervorragende Rolle, welche im Werke eine ein-
gehende bildliche Darstellung gefunden hat.
lm letzten Theile des Werkes sind die im Auftrage des deutschen Kaisers in'
Rominten in Ostpreußen errichteten Bauten, eine Kirche und ein Jagdhaus, dann das
norwegische Touristenhötel Holtnenkollen etc. von Architekt Munthe, sowie Arbeiten
anderer Architekten wiedergegeben. ln allen diesen Bauten zeigt sich ein mehr oder,
weniger glückliches Zurückgreifen auf alte, nationale Motive.
Dietrichsods lußerst eingehende Arbeit ist ein werthvoller Beitrag zur Geschichte
nationaler Bauweisen, für welche sich jetzt allerorts das regste Interesse kundgibt.
Das deutsche Bauernhaus ist in jüngster Zeit vorn Verbande deutscher Architekten-
und lngeniuxr-Vereine zum Gegenstand einer groß angelegten Studie bestimmt worden,
das Salzburger Gebirgshaua hat durch Architekt Eigl in Salzburg (Verlag von Lehmann
ü Weutzel in Wien) eine eingehende Bearbeitung erfahren. H-e.
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Vorlagen für gewerbliche Unterrichtsanstalten. l. Chorgestühl in der-
Certosa bei Pavia. Mit Unterstützung des hohen k. k. Ministeriums
für Cultus und Unterricht aufgenommen und herausgeg. von Johann
Beer. I2 Bl. Großfolio. Wien, Anton Schroll 81 Co., 1894. H. 7'5o.
ln vorliegendem Werke tritt uns das Ergebnis: einer durch die Unterstützung der
hohen Unterrichtaverwaltung ermöglichten Studienreise vor, das jeden Kunatfreund mit-
Befriedigung erfullen muss.
Das in den letzten beiden Decennien des tg. Jahrhunderts von dem Modenesen
Bartolommeo dei Polli ausgeführte, umfangreiche Stuhlwerk der Certosa bei Pavia mit
seinem achbnen architektonischen Aufbau und seinen reichen lntarsien, deren Glanzpunkt
die Brustbilder von Propheten und Heiligen in den Füllungen der Rücklehnen bilden,
ist eine Arbeit von höchstem Werthe. Nach Burckhardt gehören seine lntaraien uzu den
allerbesten ganz Italiens, die Ornamente von wahrhaft clasaischer Schönheit der Zeich-
nungc. Einzelne dieser ornamentalen Füllungen hat Teirich in seinem Werke: aOrna-
mute aua der Blnthezeit italienischer Renaissance (lntaraien): veroEentlicht. Einer
Aufnahme des ganzen Aufbaues iat bis jetzt nicht publicirt worden. Dieser Aufgabe
haben sich die Herren Johann Beer und dessen Reisegefahrte Prof. R. Bakalovita in
Graz in gewissenhttftester Weise unterzogen. ln einem Maßstabe, der die, Dccutation
auch der feinsten Glieder zur Geltung bringt (Uebersichtsblatt 'lu Detailblatter V, na-
türlicher Große) ist ein Intervall der, doppelten Stuhlreihe wiedergegeben; in natnr-i
licher Grüße und in farbiger Darstellung enthllt endlich das letzte Doppalblatt Proben
der verschiedenen Einlagen in lntarsia, woraus zugleich ersichtlich ist, in welcher Weise.
größeren Flachen des Ornamente durch Verwendung schmaler, verschieden abgetontier
Holzstreifen die Eintönigkeit benommen ist. Es erinnert damit die pnze Arbeit an das
Geatühl des Pantaleone dei Marchis, welches ietzt in der kgl. Gemlldegalerie zu Berlin
aufgestellt in und das von Dr. Wilh. Bode rerdlfentlieht wurde. Bei den liguralan Pub:
langen du Rüeklehnen wird durch Verwendung verschiedenfarhiger Holger mit Auf.
hohungen in Gold die hochste Wirkung erzielt.