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eines Mailänder Meisters, wenn auch vielleicht in Lyon gefertigt. Wenig Kunstwerke wird
man der Rossstirne auf Tafel 22 bezüglich ihrer Ausstattung an die Seite setzen können,
Lange war selbe als italienische Arbeit angesehen, sie wurde aber x55n von dem Augs-
burger Desiderius Colman gefertigt und gehorte ursprünglich zu dem Harnische Königs
Philipp von Spanien, der sich in der Armeria Real zu Madrid befindet. Ungemein reich
ist das Musee d'Artillerie an Helmen und Schilden von besonders prachtvoller Ausstat-
tung. Dieselben bieten dem Künstler wie dem Kunsthandwerker ein reiches Feld des
Studiums über die Anwendung der Motive, über die Technik des Repousse, die Schnitt-
arbeit in Eisen, die Tausia in Gold und Silber, die Gravirung, Ätzung u. dgl. Wer steht
nicht bewundernd an der Prachtsturmhaube, bekannt unter dem Namen 1h la Chimere-i, die
auf Tafel 33 abgebildet ist? Die Darstellung auf dern Schilde, welcher auf Tafel 36 vor
Augen tritt und an Arbeiten des Lucio Piccinino anklingt, zeigt die Galathea Raphaels.
Der Schild auf Tafel 33 besitzt den Stil der Florentiner Arbeiten, jener auf Tafel 4.0 ist
zweifellos von Lucio Piccinino in Mailand. Schwert- und DegengriEe waren seit dem
Mittelalter die beliebtesten Gegenstand: einer künstlerischen Ausstattung. Die ersten
Meister finden wir mit derlei Arbeiten beschäftigt. lm I6. Jahrhundert gab es keinen
Adeligen, keinen etwas wohlhabenderen Bürger, der nicht bei besonderen Gelegenheiten
mit einer kunstvoll ausgestatteten Seitenwalfe im Gürtel aufgetreten wäre.
Wir finden solche daher auch noch in r_eicher Zahl in den größeren Waffensarnm-
lungen und ersehen die ungemeine Reichhaltigkeit der Ideen, die in der Zeichnung der
GriGe zu Tage tritt. Gerade an diesem Gegenstande feiert die Eisenschmiedeltunst in
Italien und Deutschland ihre Triumphe, aber es gibt auch keine decorative Metall-
technik, die hier nicht zur Anwendung gelangte. Unser Werk schließt mit einer Anzahl
von auserlesenen Stücken, fast durchgängig italienischer Herkunft, und ich verzeichne
hier vorzüglich den Degen Heinrichs ll. auf Tafel 42, den herrlichen Coltelaggio auf
Tafel 43, wobei ich bemerke, dass ein ähnlicher, aber noch viel schöner ornamentirter,
von demselben Meister in der kaiserl. Walfensammlung in Wien bewahrt wird. Eines
der herrlichsten Stücke ist in dem Schwerte auf Tafel 45 abgebildet, es gehürt zu der
ubgenannten Sturmhaube ü la Chimere und tragt den Stil der Florentiner Arbeiten an
sich. Den Schluss bilden zwei Stadtdegen mit Grifen aus geschnittenem Elfenbein.
Die Ausführung der Lichtdruclte, namentlich auf den letzten Blättern, ist sehr
zufriedenstellend und bringt der militärischen Anstalt, wo sie hergestellt wurden, und
dem Leiter V. Roger alle Ehre. Die ersten Blatter sind der vielen Glanzlichter halber
hie- und da minder deutlich, aber der Fachmann kennt die ungemeine Schwierigkeit der
Aufnahme von Gegenständen aus glänzendem Metall. Wenn irgend etwas an der pracht-
vollen Publication zu wünschen übrig bliebe, so Ware dies die Beigabe eines erkllrenden
Textes, aber auch diesen Mangel ersetzt der ausgezeichnete Katalog des verstorbenen
Conservators Oberst Robert, der alle nur immer wünschenswertben Auskünfte bietet.
Wendelin Boeheim.
- Seit die uAllgemeine Kunstchronilu in den Verlag von P. Albert in
München übergegangen hat sie sich mehrfach und nicht zu ihrem Nachtheil verändert.
Nicht nur sind von allem Anfang an die Illustrationen zahlreicher und besser geworden,
in den letzten Nummern macht sich auch bezüglich des Textes eine dankenswerthe
Neuerung bemerkbar, indem die Redaction ausführlichere biographische Essays bringt,
die einen über das lnteresse des Tages hinausreichenden Werth besitzen. So das von
G. Fuchs über Albert Keller, von H. Moltau über Georg Ebers, dem ein kleiner
Artikel von diesem selbst v-Ein Blick in die Grüfte von Beni Hassen: folgt, dann das
von C. Sokal über Victor Tilgner, und in einer der früheren Nummern eine
hübsche Zusammenstellung von biographischen Skizzen deutscher Karikaturisten wie
W. Busch, A. Oberlander u. A. von G. Fuchs unter dem Gesammttitel: eDCf Humor iu
der deutschen Kunstc. Endlich darf eiue Artikel-Serie über wKaiser Leopold l. als För-
derer von Kunst und Wissen: von P. v. Radics und nHeinr. Brunn und die Erhaltung
des antiken ldeals in der modernen Welt: von Gg. Hch. nicht unerwähnt bleiben. .lm
Uebrigen mm die Zeitschrift fort, in der Art und Weise ihres früheren Eigenthümeß
W. Lauser das deutsche und österreichische Kunstleben mit Aufmerksamkeit zu ver-
folgen und über Angelegenheiten der Kunst und des Kunstgewerbes, des Ausstellungs-
wesena, der Litteratur, des Theaters und der Musik zu berichten. - Dabei ist der Preis
dieser Zeitschrift ein ganz mäßiger, indem das Einzelheft r Mk., das Quartals-Abonnement
(6; bezw. 7 Hefte) 4 Mk. 5o Pfg. betragt.