die zugleich theilweise Umbildungen zur Folge haben mussten. Aber
trotzdem erkennen wir noch in den schönen und lebensvoll entwickelten
Nachbildungen der Griechen - in ihren Proülblüthen, Knospen, Rosetten
und Palmetten - deutlich und unverkennbar deren Urbilder aus der alt-
ägyptischen Kunst. Neben diesen ebengenannten Motiven gewinnt seit
der Zeit des Phidias und Perikles besondere und überragende Bedeutung
das Ornamentmotiv des sogenannten Akanthus. Die Entstehung dieses
Ornamentmotivs haben schon die Alten in eine schöne Sage gekleidet,
und dieselbe auf eine aus ganz zufälligen Gründen erfolgte Nachbildung
der Akanthuspflanze, eines im Süden häufig vorkommenden Unkrauts,
zurückgeführt. Die neuesten Untersuchungen haben aber ergeben, dass
auch das sogenannte Akanthusornament nicht auf die Nachbildung eines
unmittelbaren natürlichen Pfianzenvorbildes durch die Griechen zurück-
geht, sondern im Wege rein künstlerischer Entwickelung aus der uralten
ägyptischen Lotus-Palmetten-Ornameutik entstanden ist. In der späteren
Zeit nach Alexander dem Grossen, und namentlich in der römischen
Kaiserzeit hat man in der Ornamentbildung allerdings vorübergehend
auch an einzelne natürliche Pflanzenvorbilder angeknüpft, aber das Vor-
herrschende und Bleibende sind doch die von Altersher überlieferten, aus
der ägyptischen Urkunst herstammenden Pfianzenornamente geblieben.
Dies noch von den Motiven vorausgeschickt, gelangen wir endlich
zum eigentlichen Gegenstande unserer Untersuchung, zur Ranke als
solchen. Wie schon gesagt wurde, soll dieselbe zur Verbindung der
einzelnen, zu einem Ornamente zusammengefügten Pflanzenmotive dienen
und ist von der natürlichen Erscheinung des Pflanzenstengels abgeleitet.
Warum nennen wir nun die bezügliche Verbindung nicht Stengel, sondern
Ranke? Mit dem Begriße des Stengels pHegen wir ein mehr oder minder
geradliniges, starres Emporragen oder seitliches Ausladen zu verknüpfen.
In diesem Sinne in eine formale Erscheinung gebracht, würde die Ver-
bindung einen zwar correct-geradlinigen, aber starr-geometrischen Charakter
annehmen. Die ältesten Verbindungen von Pfianzenornamenten, die wir
kennen, trugen auch diesen Charakter; aber wie schon ganz im Eingange
hervorgehoben wurde, konnte ein vorgeschrittenes, anspruchsvolleres
Kunstwollen bei solchen mineralisch-geometrischen Kunstformen, die alles
Leben vermissen lassen, nicht stehen bleiben. Man suchte und fand eine
bewegtere, lebendigere Art der Verbindung als den starren Stengel, und
das auf solchem Wege zu Stande gekommene Ergebniss nennen wir die
ornamentale Ranke. Der Grund, warum wir gerade diese Bezeichnung
dafür gewählt haben, liegt in der obwaltenden Verwandtschaft der nun-
mehr gefundenen Verbindung mit der natürlichen Pflanzenranke. Charak-
teristisch für die natürliche Pßanzenranke, z. B. für die Epheuranke, die
Rebenranke, ist das Vorwärtsstreben in und ulirender Bewegung. Die
natürliche Pfianzenranke ist nicht ein starrer Stengel, der auf dem
geradesten und kürzesten Wege dem Himmelslichte zustrebt, sondern sie