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Burleigh House. London, by Edwin Brett. Sampson Law, Marston
and Comp. London 1893.
Vor uns liegt ein starker Band in Imperial-Quart mit einem überraschenden Auf"
wande typographischer und künstlerischer Mittel ausgestattet. Er enthält am Anfange
einen geschichtlichen Ueberblick der Entwicklung des Waßenwesens, der von vorne-
herein das tüchtige Studium des Verfassers erkennen lasst. Eine folgende Zusammen-
stellung von historischen Belegen zumeist aus der englischen Geschichte lasst uns durch
ihre Reichhaltigkeit den ungemeinen Fleiß bewundern, den der Verfasser durch das
mühevolle Zusammentragen der Daten zu Tage treten ließ. Den großten und wohl den
Haupttheil des Pracbtwerkes aber bildet die Beschreibung und bildliche Vorführung der
Waifensammlung eines reichen Mannes, der an den Erzeugnissen alter WaEenschmiede-
kunst seine Lebensfreude gefunden und auch die Mittel dazu gehabt hat, sich solche zu
sammeln. Und in der That, der Eigenthümer Sir Edwin Brett hat es, von richtigem
Verstandniss und Empfinden für das Schöne geleitet und mit Beharrlichkeit ausgestattet.
verstanden, eine Sammlung zu gestalten, die durch ihre Reichhaltigkeit und den fach-
lichen und künstlerischen Werth ihres Inhaltes selbst demjenigen Bewunderung abnothigt,
der durch die Kenntniss unserer grollten und kostbarsten WaGensammlungen etwas ver-
Wöhnt ist.
Die in drei Besitzungen ihres Eigenthümers vertheilte Sammlung ist vorzugsweise
aus Gegenständen gebildet, welche ehemals in der Collection des Lord Landesborough,
in jener des Sir Samuel Rush Meyrick in Goodrich-Court, in der Sammlung Visconti
in Mailand und in jener des Grafen Gayeski zu Mgowo in Preußisch-Polen bewahrt
wurden, doch enthält die über iooo Nummern zahlende Sammlung auch viele Einzel-
erwerbungen.
Durch den Entschluss, gleich Sir Llelewin Meyrick, seinen kostbaren Besitz auch
dem gebildeten Publikum bekannt zu machen, überrascht uns Sir Edwin Brett
auf das Höchste; er erscheint uns da unter den heutigen Sammlern par excellence,
die in der Regel ihre Schätze vor den Augen Anderer ängstlich verbergen wie ein
weißer Rabe.
Welcher Gedanke ihn bei seiner Sammelthatigkeit geleitet hatte, das schildert
er uns in einem elegant geschriebenen Vorworte. Er erweist sich darin von klarem
Denken und immer zielbewusstem Wollen. Dass er als Privatsammler von romantischen
Alluren nicht frei ist, darüber dürfen wir mit ihm nicht rechten, dass er seine Sammlung
nicht von allen Richtungen betrachtet. diese Eigenthümlichkeit theilt er mit nahezu allen
seinen Sammlercollegen. Das ist in seiner Eigenschaft als Sammler keine Einseitigkeit,
denn auch sein Standpunkt in der Betrachtung hat, wie jeder andere, für sich seine
Berechtigung.
Die beigegebenen I3; Bildtafeln, viele anscheinend nach Photographien angefertigt.
sind klar, aber für den Zweck zu skizzenhaft gezeichnet; hie und da hat der Zeichner
sein Vorbild missverstanden. lm Texte sind die Gegenstände nach ihrem Alter mit aus-
gezeichneter Sicherheit bestimmt, und der Autor erweist sich nach der watfenwissenscbaft-
lichen Seite hin trefflich versirt. Die Beschreibungen sind mit dem Bilde daneben fast
zu sehr in's Detail gehend. Einzelne fachlich und chronologisch unrichtige Gruppirungen
kommen leider auch hier noch vor Augen, so sieht man u. A. einen italienischen
Fausthammer, der nur auf Ritten über Land gebraucht wurde, mit einem deutschen
Stechharnisch, einen gemeinen Fußknechtspieß mit einem Reiterharnisch in Verbindung
gebracht. Das sind eben Wahrnehmungen, deren Ursache in romantischen Anwandlungen
zu suchen sind,
Aber bei aller Anerkennung der Verdienste Sir Edwin Brett's können wir doch
ein Bedauern nicht unterdrücken, dass derselbe auch als Autor seine Aufgabe so enge
umschrieben hat, wodurch er seiner Arbeit, vielleicht ohne es zu beabsichtigen, eine
antiquine Physiognomie gegeben hat.
Die historische Waifenwissenechaft steht heute nicht mehr auf dem Standpunkte
der Antiquität und des rein fachlichen Gebrauches ihres Materiales; sie hat sich aus-
geweitet auf das historische, das cultur-._ und kunstgeschichtliche, das lsthetiache Gebiet.
Wir haben seit den Tagen des Altmeisters dieser Wissenschaft, Sir Llelewin Meyrick,
Fortschritte gemacht, zu denen ja der verehrte Gelehrte uns noch selbst die ersten Finger-
zeige gegeben hat.
Was wir in der an sich ja correcten Arbeit vermissen, ist das Bestreben, dem
Gegenstand nachzugehen in Bezug auf seine Herkunft, seine Meister, seinen Eigen-
thümer und seine Schicksale. Der Verfasser bringt am Schluss: eine Anzahl von Meister-
marken, die nur leider nicht fascimiletreu wiedergegeben sind, aber er baut auf diese
Forachungsfundamente nichts auf, er bestimmt keines der zahlreichen Wappen, ja er
bezeichnet einmal den deutschen Reichsadler mit nAustrian Armsl. Es würe unseres Er-
achtens nach vortheilhafter gewesen, wenn der Verfasser. statt der ermüdenden Beschrei-