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interesse ist aber noch allgemein rege, die berühmten Meister in Augsburg, Nürnberg,
Frankfurt u. s. w. künnen die Auftrage kaum bewältigen. Weltliche und geistliche
Fürsten trachten ihre Kunstkamrnern mit wirklichen und vermeintlichen Schätzen zu
füllen, Deutschland, Italien, die Niederlande, Frankreich und Spanien stehen im be-
ständigen Austausch ihrer artistischen Producte.- Das ist die Zeit, auf welche durch die
Correspondenzen Phil. Hainhofers helles Licht fallt. Die Originalbriefe, von denen nur
wenige erhalten sind, befinden sich in Stettin, die Entwürfe, Abschriften und Auszüge
in acht großen Octavblnden in der Wolfenbüttler Bibliothek. Sie sind in den ver-
schiedensten Sprachen geschrieben und waren für aller Herren Linder bestimmt. Einen
grüßeren Zusammenhang bildet der hier publicirte Briefwechsel mit Herzog Philipp ll.
von Pommern-Stettin aus den Jahren 1610-1619. Doering hat daraus nur das kunst-
historiach Wichtige excerpirt und mit den nbthigen Commentaren versehen. Als Beilagen
gibt der Verfasser die Beschreibung des Pommefschen Kunstschrankes und den noch
unedirten Theil der Beschreibung des herzogl. Stammbuches.
Gewissenhafte Sorgfalt in der Wiedergabe des Textes, systematische Uebersicht-
lichkeit auf Grund eines zweckentsprechend angeordneten Registertheiles und umsichtig
gearbeitete Literaturnacbweise gestalten diese Arbeit zu einem ebenso erwünschten als
brauchbaren und werthvollen Quellenwerk. Der dargebotene Inhalt dieser im Uebrigen
hauptsächlich von politischen Dingen handelnden Briefe zeigt Hainhofer in seiner be-
kannten Eigenschaft als Kunstkenner, Speculant, Sammler, Rathgeber des Herzogs und
Vermittler in allen Angelegenheiten der Kunst und des Kunstgewerbes. Wir finden daher
neben zahlreichen Angaben, die sich auf großtentheils zeitgenössische Maler, Bildhauer,
Bildschnitzer, Stecher u. s. w. beziehen, Notizen über allerlei kunstgewerbliche Objecte
namentlich Goldschmicdearbeiten, die entweder bereits vom Herzog bestellt sind, wo
dann über den Fortgang der Arbeit, die Ausführung und die daran betheiligten Meister
berichtet wird, oder auf Gegenstände, die er ihm zum Kaufe anbietet, worauf gewöhn-
lich eine mehr oder minder ausführliche Beschreibung derselben folgt. So erfahren wir
mannigfaches Detail über den pommerschen Kunstschrank, den pommerschen Meierhof
und den silbernen Nahkorb für die Herzogin Sophie, die Gemahlin Philipp's ll., ferner
über den Inhalt vieler Kunstkammern wie der zu Florenz, Prag, München, Stettin u. s. w.,
über Hainhofers Stammbuch u. A. Was die Nachrichten über Künstler betrißt, so sind
es aus der Gruppe der Maler namentlich die Augsburger Hans König, der Landschafter
Mozart und der Maler der Decke des goldenen Saales im Rathhause Job. Math. Kager,
über die wir zahlreiche Notizen finden. Von den dortigen Kupferstechern werden be-
sonders L. Kilian und P. Güttich oft genannt. Von den Goldschmieden Dav. Attemstetter
und sein Vetter der Niederländer Job. de Voss, der Kammergoldschmicd Kaiser Rudolfs ll.,
dann Langenbucher, Christoph Lencker, (seltener Vater und Sohn Hans,) Münderer,
Tobias Bernhart und Joh. Schwegler. Die bayerischen Hofmaler Chr. Schwarz und
P. Candid sowie Rottenhammer werden nicht minder häufig angetroßen. Von den nieder-
landischen Malern sind es Paul Bril, der altere Jan Brueghel und der Landschafter
Falkenburg, denen wir oft begegnen. Unter den Nürnberger Goldschmieden finden wir
Jul. Bayr mehrmals erwahnt. Die zahlreichen Stellen, die sich auf Dürer beziehen,
wurden im Register in einer besonderen Gruppe vereinigt und durch Unterabtheilungen
übersichtlich geordnet. Von den übrigen Nürnberger Meistern ist noch P. Flotner be-
sonders zu nennen, von dem kleine Landschaften in geschnittenem Stein erwähnt werden.
lm Ganzen werden gegen 250 Künstlernamen angeführt, worunter eine ganze Reihe
bisher unbekannt war. l Fs.
Die Wirk- und Webekunst, inbegrilfen die Flechterei, Näherei, Stickerei,
Spinnerei, Knüpferei und Strickerei etc. Von August Demmin. Mit
12.6 Abbild. Wiesbaden, Bechtold ÖL Co. 8". 196 S. M. 6.
Der Verfasser ist ein bekannter Polyhistor auf kunstgewerbliehem Gebiete und
das Buch tragt auch alle Vorzüge und Nachtheile solchen Ursprungs zur Schau. Eine
ungeheure Belesenbeit spricht aus allen Seiten, und vom encyltlopadischen Standpunkte
wird man dem Buche kaum ein zweites an die Seite stellen können, das dem schier
unübersehbaren Gegenstande mit solcher Vollständigkeit in der Aufzlhlung der vorzugs-
weise beachtenswerthen Seiten desselben gerecht würde. Selbstverständlich musste aber
bei solchen Bestrebungen - namentlich mit Rücksicht auf den noch immer mangel-
haften Stand unserer historischen Kenntniss von den früheren Phasen der Textilkunst -
die Genauigkeit und kritische Cbarakterisirung im Einzelnen wesentlich leiden. So sind
z. B. in anerkennenswertber Fülle Abbildungen ülterer Webstühle vor Augen gebracht,
wer aber weiß, mit welchen Schwierigkeiten man bei der Erklärung der meisten dieser
alten Webstuhlbilder heute noch zu kämpfen hat, wird sich über den problematischen
Werth ihrer Schaustellung vor dem Duröhschnittsleser - und für solche ist ja das