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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 6)

vorhanden seien, ging man leicht hinweg, man wollte eben überall eine 
große Ausstellung haben. In dem vor Jahrzehnten scherzweis gemachten 
Vorschlage, die internationalen Ausstellungen einem lmpresario anzuver- 
trauen, der, wie sonst seine Operngesellschaften, so wden friedlichen Wett- 
kampf derNationenu bald da bald dort vorzuflihren hätte, drückte sich bereits 
die Erkenntniss aus, dass auf dem bisherigen Wege das Ausstellungswesen, 
einen ähnlichen Entwicklungsgang nehmen müsse, wie dereinst die Messen 
deren kirchlicher Ursprung frühzeitig in Vergessenheit gerieth, und von 
denen, seitdem der Handelsverkehr andere Bahnen eingeschlagen, andere 
Formen angenommen hat, in den meisten Fällen nur noch die Lustbar- 
keiten höherer und niederer Art iibriggeblieben sind, die sich dereinst 
die weithergekommenen Geschäftsleute nach gethaner Arbeit gern gefallen 
ließen. Die Unternehmer von lndustrieausstellungen wieder sahen früh- 
zeitig ein, dass diese nach so kurzen Fristen nicht die Besuchermengen, 
die für den moralischen wie für den finanziellen Erfolg nöthig 
erschienen, herbeilocken würden, wenn sie auf ihr eigentliches Gebiet 
beschränkt blieben. Denn das Publicum, das in irgendeinem Zweige der 
Industrie fachrnännisches Urtheil besitzt, und im Geschäftsinteresse alle 
vier bis fünf Jahre eine weite Reise unternimmt und den kostspieligen 
Aufenthalt in einer großen Stadt bestreitet, ist dafür nicht groß genug; 
und die Liebhaber (um unter diesem Ausdrucke alle nicht sachverständigen 
Ausstellungsfahrer zusammenzufassen) verlangen neue, ungewöhnliche 
Reizmittel. Darum wurde zunächst auf Nachbargebiete gegriffen, die hohe 
Kunst, die Ethnographie, die Archaeologie u. a. m. herangezogen, man 
versuchte Culturhewegungen und wirthschaftliche Processe zur Anschau- 
ung zu bringen. Mancher wird sich noch des originellen nPavillons des 
Welthandels" mit seinen Schitfahrtskarten und KaEeesäcken und ähnlicher 
Veranstaltungen auf der Wiener Ausstellung von 1873 erinnern. Doch 
mit alledem wiederholte sich nur zu oft die Geschichte vom Brunnen- 
graben der Lalenburger: alle neuen Zuthaten kosteten neue Summen, und 
um sie aufzubringen, mussten noch neuere Unterhaltungen ersonnen 
werden, bis man nothgedrungen bei dem anlangte, was ein Berichterstatter 
aus Antwerpen so passend rKirmesswundera nennt; Kirmess, die nieder- 
deutsche Form von Kirchweih, heissen in den Niederlanden die Volksfeste, 
die mit ihren Schaubuden, Gauklern, fliegenden Kneipen u. s. w. den letzten 
Rest der Kirchweihfeste und Jahrmärkte darstellen. Wir würden Wurstel- 
prater sagen. Das sind die Ausstellungspartien, die selten über Mangel an 
Besuch zu klagen haben. 
Noch früher und in aller Stille war ein Punkt des anfänglichen 
Programmes gestrichen worden. 185i glaubte man, die Völker würden 
sich von da an einzig noch auf Ausstellungsfeldern messen, Schlachtfelder 
etwas tiberwundenes werden." Allein während der ersten Pariser Ausstel- 
lung schon donnerten die Kanonen um den MalakoH, und kriegerische 
Ereignisse verzögerten die zweiten Ausstellungen in London und Paris.
	        
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