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Verschiedene Regierungen haben längst das Schädliche des Ueber-
wucherns großer und kleiner Industrie-Ausstellungen erkannt und versucht
die Fluth einzudämmen. Aber diplomatische Verhandlungen führten zu
keinem Ziele und wenn die Behörden im eigenen Lande durch Maßhalten
im Subventioniren auch manches Gute erreichen können, muss doch das
Beste die Industrie selbst thun, indem sie beharrlich jedem Unternehmen,
dessen Erspriesslicbkeit ihr nicht einleuchtet, ihre Mitwirkung versagt.
Eine einschneidende Cur muss unternommen werden, um die Sache zu
retten. B.
Das Rankenornament.
Von Alois Riegl.
(Schluss.)
In umfassender Anwendung und vollster Ausbildung trelfen wir da-
gegen das Rankenornament in der Kunst der Griechen der hellen
historischen Zeit. Es tritt uns da entgegen auf allen Gebieten praktischer
Kunstthätigkeit, angefangen von der hohen Tempelarchitektur, an welcher
die Blumenranke als Anthernienfries die Gesimse ziert, bis herab zur
gewöhnlichen bemalten Töpferwaare, für welche die Palmettenranke in
der Gegend der Henkel so charakteristisch ist. Im 5. Jahrhundert v. Ch.
darf die Ranke das maßgebende Ornament der Griechen genannt werden.
Diese bevorzugte Anwendung lässt darauf schliessen, dass die Ranke dem
specif-isch griechischen Kunstgeiste in ganz durchschlagendem Maße ent-
sprechen haben müsse und lässt die Vermuthung aufkommen, dass die
Griechen selbst die Erfinder derselben gewesen sein mögen. ln dieser Ver-
muthung wird man bestärkt durch die gerade vorhin festgestellte Thatsache,
dass den altorientalischen Culturvölkern die Schönheit der Rankenbildung
vnoch verschlossen gewesen war, von Seiten der altorientalischen Kunst
also, der die Griechen soviel Entscheidendes zu verdanken hatten, diesen
das Rankenornament nicht zugebracht sein konnte. Es wäre also unter
Hinblick auf die universale Bedeutung des Moments, in welchem das
Rankenornament in die Welt gekommen ist, wohl von Wichtigkeit, wo
nicht diesen Moment selbst kennen zu lernen - dies von der Kunst-
forschung zu verlangen wäre wohl unbescheiden - aber doch eine mehr
oder minder engere Umgrenzung von Ort und Zeit der Erfindung zu
fixiren. Uns eine solche Umgrenzung möglich gemacht zu haben, ist
eines der zahllosen Verdienste, die sich Heinrich Schliemann mit seinen
Ausgrabungen um die Wissenschaft erworben hat.
Die Gegenstände, die Schliernann's Forschungen und Samrneleifer
aus dem Schutte von Hissarlik, Mykenä, Tiryns, Orchomenos und an-
deren Orten _zu Tage gefördert hat, gehören zwar zum Theile Kunst-
gebieten an, die zeitlich sehr weit auseinander liegen; aber die über-
wiegend große Masse verräth unverkennbar den Stempel einer und der-
selben Culturperiode. Wo man den Centralsitz dieser Cultur zu suchen