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letzten Decennien vor oder den zwei ersten nach 1700, wie es der
historischen Stellung des Barock .im östlichen Mitteleuropa entspricht.
Nun galt es den Fund für die Forschung sicherzustellen. Am liebsten
hätte ich ihn gleich mitgenommen, damit er nur einmal in ein Museum
käme, wo er den bekannten, gefährlichen Zufälligkeiten des Privatbesitzes
entrückt wäre. Doch das ging begreiflichermaßen nicht an: der Pfarrer
durfte ein für den kirchlichen Gebrauch zwar ziemlich werthlos gewordenes,
aber denn doch zum ehrwürdigen Kirchenschatze zählendes Object nicht
ohne Weiteres veräußern. So begnügte ich mich damit, dem Pfarrer, von
dem ich übrigens den Eindruck eines trotz seiner Vereinsamung auf
exponirtem Posten intelligenten und gentilen Mannes gewonnen hatte,
eine sorgfältige Aufbewahrung noch besonders an,s Herz zu legen, und
tröstete mich im Uebrigen mit dem Gedanken, dass mich mein Weg
voraussichtlichermaßen in den nächsten Jahren wieder einmal in diese
Gegend führen würde, wobei ich dann von vornherein für Mittel sorgen
könnte, eine Abbildung des Teppichs zu nehmen.
Doch bot sich mir bald darauf Gelegenheit, von der Existenz meines
Fundes wenigstens kurze Erwähnung zu thun. Es geschah dies bei der
Publication der im Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses befindlichen
v-Polenteppichec- (Jahrbuch S. XIII, 324), wobei der Frage, ob denn nicht
doch Teppiche existirten, die auf die Bezeichnung nPolenteppicheu mit
mehr Recht Anspruch erheben könnten, begreiflichermaßen nicht ganz
auszuweichen war. Die betreffende Notiz kam auch Herrn Professor
Maryan Sokolowski in Krakau zu Gesichte, der sich dadurch bewogen
fühlte, mich durch den auch den Lesern dieser Zeitschrift wohlbekannten
Erforscher älterer polnischer Goldschmiedearbeiten, Herrn Leonhard
Lepszy, zu einer Publication meines Fundes in den Schriften der Krakauer
Akademie der Wissenschaften aufzufordern. Ich erklärte mich hiezu
bereit und lüftete nunmehr das Geheimniss, mit dem die Existenz des
Teppichs wenigstens für Fachkreise bisher umhüllt war. Einer sofortigen '
Publication wurden aber, wie mir Herr Professor Sokolowski gelegent-
lich mündlich mittheilte, Schwierigkeiten entgegengesetzt; namentlich
konnten sich Diejenigen, denen die Gewalt über den Teppich zusteht,
nicht dazu entschließen, denselben nach Wien zu senden, wo ich ihn auf
seine technischen Qualitäten hin untersuchen wollte; eine solche Unter-
suchung scheint mir aber gerade in diesem Falle unerlässlich, um zu
halbwegs gesicherten Resultaten von wissenschaftlichem Range zu ge-
langen. Vergleichsmaterial liegt ja nunmehr in reicher Menge vor, nach-
dem Herr Costom ania die Knüpfungsart für fast sämmtliche, im Teppich-
werk des k. k. Handelsmuseums publicirten Stücke festgestellt hat.
Um so größer war meine Freude, als es mir kürzlich vergönnt
war, den Teppich auf der galizischen Landes-Ausstellung in Lemberg
wiederzusehen. Kaum hatte ich den ersten Saal der retrospectiven Aus-
stellung im Kunstpavillon betreten, so fiel mein erster Blick auf den