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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 8)

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vom besten Willen, theils an vorhandene Traditionen anzuknüpfen, theils 
neue Industriegebiete zu betreten. Hervorzuheben sind die Leistungen 
der Webeschule in Okno, deren Kilim's durch wohiabgewogene Farben 
einen sehr günstigen Eindruck machen. Herr v. Fedorowicz, der Haupt- 
förderer dieser Schule und der beiden Schulen für Töpferei und Wagnerei 
in Touste, hat durch Ankauf alter Bauernteppiche für gute Vorbilder 
gesorgt, und so eine nationale nVolkskunslv gefestigt, die auf dem besten 
Wege war, durch die moderne Theerfarbenvlndustrie zu Grunde gerichtet 
zu werden. (Schluss folgt.) 
Ueber Zeichenfertigkeit und ihre Anwendung 
in der Praxis. 
Von Hans Macht. 
I. 
(Fortsetzung) 
Wie sicher, wie vollkommen bewusst der Grieche die menschlichen 
Körperformen beherrschte, wie sehr er hiebei der positiven Kenntniss, 
nicht etwa dern vagen Nachempfinden folgte, kann an manchem Vasen- 
bilde evident nachgewiesen werden. Einige wenige vorgeritzte Striche 
dienen als erster Entwurf, die Verhältnisse im Ganzen und Großen nur 
andeutend. Stets unverändert auflindbare Stellen des Skelettes, die "fixen 
Punkte der Knochenu, wie wir sie wohl heute zu nennen pflegen, werden 
durch häkchenförmige kurze Striche bezeichnet und hierauf im Anschlusse 
mit unglaublicher Sicherheit die Contouren haarscharf gezogen. Dabei 
werden zumeist die Muskeln ihrer Hauptwirksamkeit nach in gruppen- 
weiser Zusammenfassung, ohne Rücksicht auf die oft deutlich zu beob- 
achtenden Grenzen der einzelnen, gezeichnet. Als Hauptsache erscheint, 
dass die antagonistisch wirkenden Partien im Ganzen und Großen deutlich 
auseinander gehalten sind. Dies alles deutet an, dass die Naturformen 
nicht etwa nur auf das genaueste beobachtet und gewissenhaft wieder- 
gegeben, sondern, und zwar in erster Linie, vollkommen ver- 
standen wurden. 
Hier wie anderwärts finden wir es im Wesen stilvoller Kunst- 
Schöpfung gelegen, dass ihre Größe nicht nur allein in ihrer Wahrheit 
zu suchen ist, sondern in nicht minderem Grade in ihrer durch weise 
Beschränkung der Mittel erreichten klaren Einfachheit. 
Dieses Genügen an dem einmal sicher Erreichten tritt wohl am 
deutlichsten durch den Umstand zu Tage, dass die ersten Versuche der 
Wiedergabe von Schatten und Licht einer verhältnissmäßig jungen Periode 
angehören. Positives über die ältesten Beispiele schattirter Darstellungen 
anzugeben ist unmöglich. Aber ein wichtiges Zeugniss für die Annahme 
eines Zeitpunktes, zu welchem die Schattendarstellung in der Kunst als 
etwas Neuartiges besondere Aufmerksamkeit erregen musste, ist die Nach-
	        
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