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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 11)

damals die Entwicklung in gerader Linie verhindert. Jetzt aber führt ein 
merkwürdiger verwandtschaftlicher Zug den Naturalismus neuerdings der 
gothischen Verzierungskunst entgegen, und zwar nicht der deutschen oder 
französischen, sondern jener fganz eigenartigen, die sich auf den eng- 
lischen Herrensitzen entwickelt hat, wo sie bis heute modern geblieben ist. 
Obwohl nun auf Grund der geschilderten Richtungen manches An- 
sprechende geschalfen wird, ist man von einer wirklich befriedigenden 
Lösung moderner Aufgaben noch weit entfernt. Sie wird nicht früher 
eintreten, als bis diese Decorationskunst wieder ein festes Rückgrat er- 
langt haben wird. Ein solches kann ihr aber nur die Architektur ge- 
währen. Die Rückkehr zu ihren Compositions-Principien hat man auch 
auf dem jüngsten kunstgewerblichen Congress als wichtigste Forderung 
aufgestellt. Für die nächste Zeit dürfte aber noch eine Zunahme der 
naturalistisch-japanischen Verwilderung zu erwarten sein. 
Ueber Zeichenfertigkeit und ihre Anwendung 
in der Praxis. 
Von Hans Macht. 
ll. 
(Fortsetzung) 
Gelegentlich wird die Wichtigkeit einer guten Schattirung für die 
Brauchbarkeit eines Entwurfes betont, und auch hier wird wohl die 
Uebung im Zeichnen nach der Natur als einzig empfehlenswerthes Mittel 
angegeben, um die nöthige Fertigkeit in dieser Richtung zu erlangen. 
Sicher ist, dass manche Werkzeichnungen der Schatten nicht entbehren 
können, oder doch durch dieselben an Brauchbarkeit gewinnen. Ebenso 
sicher ist es auch, dass nichts Widerwärtigeres an einer sonst brauch- 
baren Zeichnung sich zeigen kann, als eine unverstandene, unrichtige 
Schattirung. Doch ist wohl in Erwägung zu ziehen, bei welchen Werk- 
zeichnungen die Schattirung überhaupt als nutzbringend zu betrachten 
ist. Bei sehr vielen ist sie ganz entbehrlich, bei anderen geradezu 
störend. Bei manchen, wie es etwa solche sind, die einen reichen 
Wechsel vieler, aus prismatischen und Rotationskörpern bestehenden 
Details aufweisen, kann eine einfache, aber streng richtige Schattengebung 
sehr viel nützen, wie denn auch durch eine solche in einzelnen Fällen 
manche Detailandeutungen erspart werden. Wo immer jedoch die Schatten- 
gebung angezeigt ist, wird sie in der erforderlichen Richtigkeit nur dann 
zu bewerkstelligen sein, wenn sie nicht blos in empirischer Weise geübt 
und als pure Gefühlssache betrachtet wird, sondern nur, wenn ihre 
Gesetze wohl begriHen und in Fleisch und Blut übergegangen sind. 
Nur durch das volle Erfassen dieser Gesetze ist auch die unerlässliche 
Vereinfachung der sicher und rasch zu bewerkstelligenden Schattengebung 
ohne Schwierigkeiten durchzuführen.
	        
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