damals die Entwicklung in gerader Linie verhindert. Jetzt aber führt ein
merkwürdiger verwandtschaftlicher Zug den Naturalismus neuerdings der
gothischen Verzierungskunst entgegen, und zwar nicht der deutschen oder
französischen, sondern jener fganz eigenartigen, die sich auf den eng-
lischen Herrensitzen entwickelt hat, wo sie bis heute modern geblieben ist.
Obwohl nun auf Grund der geschilderten Richtungen manches An-
sprechende geschalfen wird, ist man von einer wirklich befriedigenden
Lösung moderner Aufgaben noch weit entfernt. Sie wird nicht früher
eintreten, als bis diese Decorationskunst wieder ein festes Rückgrat er-
langt haben wird. Ein solches kann ihr aber nur die Architektur ge-
währen. Die Rückkehr zu ihren Compositions-Principien hat man auch
auf dem jüngsten kunstgewerblichen Congress als wichtigste Forderung
aufgestellt. Für die nächste Zeit dürfte aber noch eine Zunahme der
naturalistisch-japanischen Verwilderung zu erwarten sein.
Ueber Zeichenfertigkeit und ihre Anwendung
in der Praxis.
Von Hans Macht.
ll.
(Fortsetzung)
Gelegentlich wird die Wichtigkeit einer guten Schattirung für die
Brauchbarkeit eines Entwurfes betont, und auch hier wird wohl die
Uebung im Zeichnen nach der Natur als einzig empfehlenswerthes Mittel
angegeben, um die nöthige Fertigkeit in dieser Richtung zu erlangen.
Sicher ist, dass manche Werkzeichnungen der Schatten nicht entbehren
können, oder doch durch dieselben an Brauchbarkeit gewinnen. Ebenso
sicher ist es auch, dass nichts Widerwärtigeres an einer sonst brauch-
baren Zeichnung sich zeigen kann, als eine unverstandene, unrichtige
Schattirung. Doch ist wohl in Erwägung zu ziehen, bei welchen Werk-
zeichnungen die Schattirung überhaupt als nutzbringend zu betrachten
ist. Bei sehr vielen ist sie ganz entbehrlich, bei anderen geradezu
störend. Bei manchen, wie es etwa solche sind, die einen reichen
Wechsel vieler, aus prismatischen und Rotationskörpern bestehenden
Details aufweisen, kann eine einfache, aber streng richtige Schattengebung
sehr viel nützen, wie denn auch durch eine solche in einzelnen Fällen
manche Detailandeutungen erspart werden. Wo immer jedoch die Schatten-
gebung angezeigt ist, wird sie in der erforderlichen Richtigkeit nur dann
zu bewerkstelligen sein, wenn sie nicht blos in empirischer Weise geübt
und als pure Gefühlssache betrachtet wird, sondern nur, wenn ihre
Gesetze wohl begriHen und in Fleisch und Blut übergegangen sind.
Nur durch das volle Erfassen dieser Gesetze ist auch die unerlässliche
Vereinfachung der sicher und rasch zu bewerkstelligenden Schattengebung
ohne Schwierigkeiten durchzuführen.