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Wiener Kunstgewerbe-Vereines eröffnet. Die Ausstellung, welche in diesem
Jahre nur auf die Mitglieder des Vereines beschränkt ist, befindet sich Ain
den dem Vereine durch das Museum eingeräumten Sälen und Zimmern
und ist von den hervorragendsten Kunstgewerbetteibenden beschicltt.
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat
Octaber von 9702, die Bibliothek von 1534, und die Vorlesungen von 4:: Per-
sIJneii besucht.
Vorlesungen. Am 18. October wurde die Reihe der Donnerstag-Vorlesungen im
Wintersemester 1894fg5 erblfnet. Custosadjunct Dr. Ed. Leisching hielt einen Vortrag
über die Weltausstellung in Antwerpen, welche der Genannte auch in den nMittheilungen
des k. k. Oesterr. Museums: (September- und Octuberheft) bereits zum Gegenstands der
Besprechung gemacht hatte. Dr. Leisching entwarf in diesem Vortrage zunächst ein
Bild von der hohen cullurgeschichtlichen Bedeutung Antwerpens und zeichnete auf diesem
Hintergründe die Ausstellung, die Erfahrungen, welche sie für die Sache der Kunst-
gewerbe geboten, und die Gedanken, die sie über das moderne Ausstellungswesen neuerlich
rege gemacht hat. Er schilderte die Entwicklung Antwerpens vom 7. Jahrhundert bis in
die Gegenwart, ihre Bluthe unter Karl V., ihren Verfall unter der spanischen Herrschaft,
ihre Wiedererstehung unter der holländischen und belgischen Regierung; besprach die
hervorragendsten Werke der Architektur (Kathedrale, Rathbaus, Zunfthauser), das Muaee
Plantin-Moretus, welches die Kraft und Kunstfreudigkeit des Antwerpener Gewerbestsndes
im 16. und t7. Jahrhundert gllnzeiid charakterisirt; dann vor Allem die Bedeutung Ant-
werpens als Rubensstadt, die künstlerische und politische Thätigkeit des Meisters, seinen
Vorläufer Quinten Matsys und seine Schule. Durch die Einbeziehung des Palais des
Bcaux-Arts in den Ausstellun gsrayon hatte man in genialer Weise die ewige Kunst dieser
Meister in den Dienst des flüchtigen Ausstellungsunternehmens gestellt. Der Vortragende
schilderte nun den Ausstellungsparlt, die großartige Schöpfung Alt-Antwerpens, das Haupt-
gebäude und die zahlreichen Mangel der Installation, auf welchem Gebiete nur Oester-
reith eine treliliche, allseitig bewunderte Anlage geschaffen hatte. endlich die bedenk-
liche Erscheinung. dass durch das Eindringen von Händlern das Bild der nationalen Pro-
duction, welches zu bieten die ursprüngliche Aufgabe der Ausstellungen war, mehr und
mehr getrübt werde.
Was die kunstgewerblichen Abthcilungen der Antwerpener Ausstellung betriEt, so
war kein Staat ausreichend vertreten, ganz unzulänglich Deutschland; das Hauptinteresse
concentrirte sich außer auf Oesterreich, das unbedingt den Vogel abgeschossen bat, auf
Russland, Frankreich, Italien, England und Belgien. Dr. Leisching besprach sodann die
Mobel, unter welchen er die englischen besonders rühmte, dann die hervorragenden bel-
gischen Spitzen, denen sich, von Allen anerkannt, die Leistungen des k. k. Central-
Spitzencurses ebenbürtig an die Seite stellten, dann die Gruppe Glas und Keramik, vor
Allem die belgischen, französischen, österreichischen und italienischen Arbeiten, ferner
die Bronze-Industrie, auf welchem Gebiete die Oesterreicher den Franzosen mit Erfolg
Concurrenz machen; die Franzosen, mit Ausnahme der großen Meister Barbedienne,
Soleau, Susse, Thiebaut, ersetzen die Patina vielfach durch aufgeburstete Farben, was
durchaus stilwidrig ist. Eines der interessantesten Länder vom Standpunkte der Kunst-
industrie ist nach des Vortragenden Ansicht unstreitig Russland. Auf dem Gebiete der
Bronze lndustrie leisten die Russen Vorzflgliches, vor Allem aber im Email, und zwar
im Emiiil s joiir. Anknupfend an zwei dem Oesterr. Museum gehörige russische Arbeiten
dieser Art besprach Dr. Leisching die bis auf Cellini zurückgehenden Nachrichten über
diese eigenthcimliche reizvolle Technik und das Verdienst Bucher's und Macht's um die
Erklärung derselben. Die Norweger ahmen die russischen Arbeiten mit Erfolg nach.
Auch die Ausstellung des Privatatcliers für Emailmalerei fand in Antwerpen vielen Beifall.
Dann machte der Vortragende Mittheilung von den Gold- und Silberarbeiten, welche in
Antwerpen zu sehen waren, und von dem Aufschwungs, den die kirchliche Kunst in
Belgien nimmt. Schließlich sprach Leisching das Bedauesu darüber aus, dass man noch
immer keine Anstalten mache, die Ausstellungen zur Anbahnung dauernder Ggsghifß.
beziehungen mit dem Auslands zu verwerthen. ln dieser Hinsicht erfordert das Aus-
stellungswesen eine gründliche Reform; die Commissionen müssten in anderer Weise
zusammengesetzt sein und auch die Wahl der Localcommissare hatte unter diesem Ge-
sichtspunkte zu erfolgen. Die Regierungen, die Handelskammern und Consulate müssten
sich dieser Angelegenheit bemächtigen und das Ausstellungswesen im Sinne einer um-
sichtigcn, energischen Exportpolitik reformiren und entwickeln.
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- Am a5. October sprach Prof. Ferdinand v. Feldegg über sWienü zweite
Ren aissancec. - Der Vortragende begann mit einem Rückblicke auf die Bauentwick-