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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 2)

Spreize über dem Zeugbaum am oberen Ende des chiusinisclsen Web- 
stuhls. Ob die in iener Spreize befestigten kugellihnlichen Dinger mit 
Stift in der Achse in der That, wie Conze annimmt, anstatt einer Kurbel 
zur Festschraubung des Zeuges am drehbaren Zeugbaum dienen sollten, 
oder ob wir darin, wie Schröder u. A. möchten, Spulen") mit verschie- 
denfarbigem Gern zu erblicken haben, - auf keinen Fall wird man aus 
dem Vorhandensein dieser vermeintlich primitiven Vorrichtung auf ein 
höheres Alter schließen dürfen, da der Webstuhl auf der böotischen Vase, 
die doch dem Anschein nach eher älter ist als die in Rede stehende aus 
Chiusi, bereits den einfachen - also gewiss drehbaren - Zeugbaum 
ohne Spreize zeigt. 
Eine weitere Schlussfolgerung Conze's aus der Darstellung des von 
ihm publicirten Webstuhls, die durch unseren böotischen eine Berich- 
tigung erfährt, betrifft die Zettelstrecker. Diese sind am chiusinischen 
Webstuhl von konischer Form, wie sie so häufig auf griechischem Boden 
gefunden werden und von Conze daher als hellenisches Sondereigenthum 
gegenüber den plumperen kugelförmigen Gewichten der den antiken 
sonst so nahesteheudeu nordischen Webstlihle (vergl. die Abbild. 6) 
gekennzeichnet worden sind. Dagegen beweist unsere böotische Vase, 
dass auch den l-lellenen die Kugelform an Gewichten keineswegs fremd 
gewesen ist, und ebensowenig das Zusammenfassen mehrerer Kettfäden 
auf ein und dasselbe Gewicht, worin nämlich Conze wieder nach der 
anderen Seite eine besondere technische Vollkommenheit der nordischen 
Stühle erblicken wollte, weil auf der chiusinischen Vase noch jeder ein- 
zelne Kettfaden sein eigenes Gewicht hat. 
Wir erkennen also an dem chiusinischen Webstuhl genau dieselbe 
Vorrichtung zur Fachbildung, wie sie unser böotischer Webstuhl zeigt: 
ein zwischen die beiden Kettfädenhälften dauernd eingeschobenes Quer- 
holz behufs Bildung des natürlichen Faches und einen außerhalb der 
Kette befindlichen Stab, auf welchem die zur Hervorziehung der hinteren 
Kettfäden dienenden Litzen befestigt sind"). Es erübrigt uns nun noch der 
empirische Nachweis solcher Webstlihle. Originale aus antiker Zeit auf- 
zufinden, wird mit Rücksicht auf das hiebei in Betracht kommende ver- 
gänglich: Material wohl für immer vergebliche Hoffnung bleiben. Einen 
gewissen Ersatz dafür bieten aber die Webstühle moderner oder halb- 
moderner Entstehung bei Völkern, die in ihren Bräuchen und Lebens- 
äußerungen in Folge bestimmter, meist geographisch-klimatischer Ver- 
hliltuisse auf einer anderwärts längst überwundenen Stufe stehen geblieben 
') Dies ist auch du weitaus wahrscheinlichen, und arlcheint neuerding: gestutzt 
durch die Spule. die wir 1m Webuuhle Fig. l beobachten konnten. 
") Zu erklären bleib! am chiusinischen Stuhl nur noch du Querholz unter dem 
Zeugbaum (du dritte von oben). Da dasselbe hinter dem fertigen Zeug (mit den Figuren) 
hängt, so kann es für den Proceu des Wehens selbst keine Bedeutung gehabt haben, 
und man" vermuthlich .1. RüCkhIlt für d" maß Gewebe. ß - '
	        
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