zur natürlichen Fachbildung bestimmt, gleich dem Holze b in Fig. 4
und 3. Anstatt der Spule mit dem Schussfaden (Fig. i) gewahren wir
an der Abbildung des nordischen Stuhls eine in die nach vorne gezogenen
Kettfäden gesteckte Spatha zum Festschlagen des fertigen Gewebes.
Aus der Vergleichung des Webstuhls der Kirke auf der böotischen
Vase der Sammlung Branteghem einerseits mit dem chiusinischen, anderer-
seits mit dem nordischen Webstuhl ergibt sich somit das Resultat, dass
die Hellenen etwa im 5. Jahrhundert v. Ch. einen aufrechten Web-
stuhl gebraucht haben, an welchem nur die eine (hintere) Hälfte der
Kettfäden mittels Litzen an einem besonderen Aufzugsstäbchen (dem
Schaft des wagrechten Webstuhls) befestigt war, während zur Vor-
wärtsbringung der anderen (vorderen) Kettfädenhälfte ein zwischen die
beiden Hälften geschobene: festliegendes Querholz genügte. Wenn am
chiusinischen Webstuhl diesbezüglich insofern ein Zweifel offen bleibt,
als an demselben die beiden Querhölzer von gleicher Größe sind') und
daraus auf Gleichartigkeit der Function geschlossen werden könnte, so
fällt dieser Zweifel am böotischen Webstuhl hinweg, an welchem das
untere Querholz entsprechend seiner Bestimmung zur permanenten Thei-
lung der Kette breiter und länger, das obere Querholz in schlanker
Stäbchenform gehalten erscheint. Am aufrechten Webstuhl bedurfte es
eben noch nicht zweier Schäfte mit Litzenaufzug; die Nothwendigkeit
derselben trat erst beim wagrechten Webstuhl ein, und sofern sich in
der alten Litteratur die Benützung zweier Schäfte an einem Webstuhl
nachweisen lässt, hätte man darin einen indirecten Beweis für den Gebrauch
wagrechter Webstühle bei den Alten zu erblicken.
Es gibt aber noch eine zweite Art von aufrechtem Webstuhl, die von
der früher erörterten Art in mehrfachen Beziehungen abweicht. An dieser
zweiten Art dient der obere Baum nicht als Zeugbaum, sondern als Kettbaum
zum Aufwinden und Spannen der Kette. Die Kette wiederum endigt unten
nicht in Gewichte, sondern ist auch da auf einen Baum aufgewunden, der
zugleich als Zeugbaum zum Aufwinden des fertigen Zeuges dient. Ein noch
heute in Gebrauch befindliches Beispiel eines solchen Stuhles hat Benn-
dorf aus Kleinasien gebracht und in den nReisen in Lykien und Karien-
S. 18, Fig. 12, abgebildet. Die Einfachheit dieses Stuhles, dessen beide
Querhölzer wohl dieselbe Function zu erfüllen haben wie an dem vorhin
erörterten Schema, legte schon Benndorf die Vermuthung nahe, dass auch
diese Art von aufrechten Webstühlen bereits in antiker Zeit in Gebrauch
gestanden wäre. Eine Bestätigung für diese Ansicht bietet der Webstuhl
der Kirke im vaticanischen Virgil (Bartoli Tafel 4.8), der mit Deutlich-
keit eben nur erkennen lässt, dass das fertige Zeug sich unten befindet.
') Was übrigens auch In der Wonudschen Reproduction des besprochenen nor-
diuchen Stuhles (Fig. 6) der Fall ist.
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