Pariser Friseure zusammengethan, um auf 66 Wachsbüsten die weiblichen
I-Iaartrachten von antiker Zeit an bis auf unsere Tage zu plastischer
Darstellung zu bringen. Dass es in diesem Wachsiigurencabinet nicht
völlig historisch treu hergieng, lässt sich denken. Ferner gehören hieher
zwei lebende Gemälde, um sie so zu nennen, die aber durch Wachs-
figuren bestritten waren. Sie sollten die Mode im vorigen und in unserem
Jahrhundert an lebensgroßen, in Zeittracht gekleideten weiblichen Figuren
zur Darstellung bringen, und wurden von einem Pariser Atelier für Wachs-
figurenerzeugung beigestellt.
Wir wenden uns nun zur Besprechung der zweiten Hauptabtheilung,
die für uns von vorneherein das größere Interesse beansprucht hätte, aber
gemäß der eigenthümlichen Zusammensetzung dieser Ausstellung mit
gutem Grunde nun erst an zweiter Stelle zur Erörterung kommt - zu den
daselbst ausgestellt gewesenen modernen Kunstarbeiten von Frauenhänden.
Wie schon in den einleitenden Worten angedeutet wurde, hat das ver-
anstaltende Comite in den Rahmen dieser Abtheilung vielfach Gegen-
stände aufgenommen, die wir als specifisch weibliche Arbeiten nicht
gelten lassen können und die daher an anderer Stelle, von einem anderen
Standpunkte aus Beurtbeilung verdienen. Mit Malereien, worunter ver-
hältmäßig nur wenig Fayence- und Emailsachen, und mit Sculpturen
waren die zwei längsten Säle der Ausstellung gefüllt; nur zu architek-
tonischen Entwürfen scheinen es die Pariserinnen noch nicht gebracht
zu haben. Da wir nicht über den heutigen Salon zu berichten haben, so
beschränken wir uns auf wenige Bemerkungen über das Kunstgewerbliche.
Die Emailmalereien, zumeist Porträts, erschienen von höchst verschiedenem
Werthe; der ein gewisses durchgängiges Mittelmaß von Können nach
unten bedingende Einfluß einer Schule, wie er bei uns obwaltet, war
nicht zu vermerken. Besseren Eindruck im Allgemeinen machten die
Fayencemalereien.
Und nun kommen wir endlich zu den weiblichen Handarbeiten
im eigentlichen Sinne. Versuchen wir es da, so gut es geht, die
Eintheilung zu Grunde zu legen, die von der Wiener Ausstellung 1886
adoptirt worden war: die Eintheilung nach Geschäften, Dilettantinnen,
Schulen.
Was zunächst die Geschäfte betrifft, so hatten dieselben im Palais de
l'Industrie nicht im l. Stockwerke, sondern im Erdgeschosse ihren Platz.
Sie sollten den gegenwärtigen Stand der betreßenden Industrie zeigen
und im Uebrigen - was eigentlich die Hauptsache war - Geschäfte
machen und dafür Platzmiethe zahlen. Einen Vergleich zwischen den
Stickereien und Spitzen hier unten und den Schulexpositionen oben zu
ziehen, fiel kaum Jemandem. ein. Es hängt dies mit der Stellung der
Schule zur Industrie in Frankreich überhaupt zusammen. Die Stickerei-
geschäfte leisten mitunter ganz Tüchtiges, aber mit einem selbsterzogenen
Personal. Das Geschäft bildet seine eigene Schule, wirbt auch Fremde