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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 3)

Für's Zweite ließen die Arbeiten der französischen Schulen den 
Eindruck gewinnen, dass der Lehrgang derselben ein wenig systematischer, 
vielfach geradezu verwildeter sein muss. Allüberall Entwürfe, Original- 
compositionen, bei auffälligstern Mangel selbst primitiver Zeichenfertigkeit! 
Natürlich waren es nicht so sehr Entwürfe für Stickereien als solche 
für die verschiedensten kunstgewerblichen Techniken und Materialien. 
Einzelne von diesen Missgriffen und Verirrungen zum Beweise aufzu- 
zählen, erscheint überflüssig, da es von den ersten Pariser Blättern ein- 
stimmig anerkannt und zugegeben worden ist. Den Anstoß dazu gab 
die österreichische Schulabtheilung auf der Ausstellung. Der Unterschied 
war aber auch ein allzu schlagender, wenn man den Inhalt der beider- 
seitigen miteinander benachbarten Ausstellungsräunie verglich, als dass 
es einem Unbefangenen und halbwegs aufmerksamen Beobachter hätte 
entgehen können. Es bedeutet daher einen Schlag in's Wasser, wenn der 
Berichterstatter des gelesensten Wiener Journals schrieb, die öster- 
reichischen Arbeiten auf der Pariser Ausstellung hätten tüchtiges tech- 
nisches Können (oder wie es ähnlich hieß), die französischen dagegen 
Genie verrathen. Man darf diesfalls das Urtheil getrost den berufeneren 
Vertretern des französischen Genies, den Pariser Journalen, überlassen, die 
mit seltener Einstimmigkeit die Ueberzeugung äußerten, dass das Genie 
in diesem Falle ein verbummeltes wäre, dem es noth thäte, etwas Ordent- 
liches zu lernen. Auch hat sich die Union centrale des arts decoratifs bereits 
an das Oesterr. Museum um Bekanntgabe des Lehrplanes jener Schulen 
gewendet, die in Paris einen so schönen Erfolg davongetragen haben. 
Alle mit Recht seit jeher gerühmten Qualitäten der Pariser Kunst- 
arbeit gewinnt aber die Schule, sobald sie einen gewerblichen Hinter- 
grund und damit eine feste Tradition zum Anhalt hat. Dies lehrte unter 
Anderem die Betrachtung einiger von der Manufacture von Sevres ein- 
gesandten Arbeiten, theils Vorlagen, theils ausgeführte Porzellangegen- 
ständc, darunter auch solche älteren Datums, einige aber neu und von 
allen den bekannten Vorzügen dieses Zweiges des französischen Staats- 
luxus rühmliches Zeugniss gebend. 
Es erübrigt uns noch, die Leistungen derjenigen wenigen Länder kurz 
zu betrachten, die sich diesfalls mit den französischen in einen Wett- 
bewerb eingelassen haben. Neben Oesterreich kommt hier blos England 
und Russland in Betracht. 
Quantitativ und qualitativ sehr reich war Oesterreich vertreten. Das 
Gebiet der eigentlichen weiblichen Handarbeiten ward von der k. k. Fach- 
schule für Knnststickerei, dem Wiener Frauenerwerb-Verein und dem 
Central-Spitzencurs bestritten. Aber sowie man in Wien dem Drang: des 
weiblichen Elementes nach Bethätigung in anderweitigen, nicht blos textilen 
Kunsttechniken bereits seit längerer Zeit entgegenkommendermaßen 
Rechnung getragen hat, war man in Stand gesetzt, auch in Paris mit 
solchen weiblichen Kunstarbeiten nicht-textiler Beschaffenheit auf den
	        
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