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perioden werden die Gobelins bei wiederholtem Gebrauche zu solchen
Zwecken allerdings nicht gewinnen, unter welchem Hinblick es auch zu
billigen ist, dass die großen rnonarchischen Höfe von Europa ihren zum
Theil noch bedeutenderen Schatz an Gobelins einer solchen Benutzung
nicht freizugeben pflegen. Aber in Paris beruht der rechte Anwerth von
Kunstdenkmälern ganz wesentlich eben darin, dass dieselben sich in
lebendigen Gebrauch umsetzen lassen.
Die Union centrale des arts decoratifs mag alle Ursache haben, mit
dem Erfolge dieser ihrer Ausstellung zufrieden zu sein; aber auch das
Oesterr. Museum und die Lehranstalten, die in seinem Gefolge sich
bethciligt hatten, werden noch lange Veranlassung haben, auf diese Aus-
stellung mit stolzer Genugthuung zurückzublicken.
Die Naturforrnen und die Ornamentik.
Von Prof. Hans Macht').
Jegliche Culturentwicklung hat von Zeit zu Zeit ihre Krisen. Jede
fortschreitende Thätigkeit des Menschen lebt sich früher oder später aus,
um einer Regeneration, einer Auffrischung und damit einer neuen
fruchtbringenden Periode entgegenzugehen. Die Verschiedenheit der An-
schauungen und der Sinnesart der Einzelnen erklärt die in solchen
Reformperioden häufig vorkommenden geistigen Kämpfe und die Er-
regung der Gemüther. Selten stehen Antheilnehmende über den Parteien,
welche einerseits keinerlei Wechsel im Bestehenden für möglich halten,
andererseits mit Ungeduld den Anbruch eines neuen Morgens herbeisehnen,
mit Begierde nach Mitteln suchend, sich für den neuen Tag zu rüsten
um vorwärts zu dringen in ein anderes, heil- und friedenbringendes
Gebiet. Freilich kann es auch kommen, dass die anscheinend hoch-
bedeutsamen reformatorischen Bewegungen im Sande verlaufen. Es gibt
eben auch falsche Krisen!
Die klimakterischen Zeiten finden sich besonders häufig im Verlaufe
der Weiterentwicklung der verschiedenen Arten bildschöpferischer Kunst,
wobei die Krise nicht selten in mehr oder minder stürmischer Weise
verläuft.
Auf dem Gebiete jener Kunstübungen, welche sich damit befassen,
bei der Hervorbringung von Erzeugnissen der Menschenhand dem Be-
dürfnisse des Schönheitsgefühles Rechnung zu tragen, der Orname ntik
im weiteren Sinne, vollzieht sich gegenwärtig, wie es den Anschein
hat, wieder eine jener Wandlungen, bei welchen von Anfang an mit
einem bestimmten Schlagworte der Angelpunkt der Sache bezeichnet
wird. Laut und lauter, wie ein Noth- und Hilferuf, ertönt die Parole:
Natur! Natur!
') Vortrag, gehalten im k. k. Oeslerr. Museum am 3. November 1891.