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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 4)

zu Berlin, dem er seit der Gründung als leitender Beamter vorgestanden hatte. Die 
jüngste Gedenkfeier des zgjahrigen Bestandes des Museums sah ihn bereits auf dem 
Krankenlager. Die 1867 erfolgte Berufung zum leitenden Beamten des Museums entriss 
Carl Grunow einei- praktischen Bauthstigkeit, die er im Anfange der 60er Jahre mit 
Gropitla zusammen Itsobte und aus welcher eine Reihe von Wohnhausbauten des 
Thiergartenviertels sowie auch einzelne Fabrikbauten hervorgingen. Der Schwerpunkt 
der Thatigkeit Grunow'a in seiner Stellung am Berliner Museum lag in der Verwaltungs- 
arbeit; in Wort und Schrift trat er weniger hervor und in der machtigen kunst- 
gewerblichen Bewegung der letzten beiden Jahrzehnte beschränkte er sich vorwiegend 
aui die Weiterentwicklung und Ausgestaltung des Kunatgewerbemuseums, mit dessen 
Geschichte der Name Carl Grunoavfs stets auf das engste verknüpft bleiben wird. 
Knnetgewerbe-Iuaeam im Leibniz-Hause an Hannover. Am l. Harz d. J. 
erbfnete der Kunstgewerbeverein zu Hannover (rügt: 39a Mitgl.) das neue Heim seiner 
Sammlungen, nachdem sie wlhrend ihres Entstehens in mehreren Rlurnen des alten 
gothischen Rathhauses kümmerlich untergebracht waren. Das großtentheils in vorzug- 
licher Weise vom Vorsitzenden des Vereines, dem Architekten Dr. Alb. Haupt, wiederr 
hergestellte Gebäude ist ein altes herrliches Giehelhaus in der Schmiedestraße aus der 
Zeit der deutschen Renaissance; als Eigenthum des Staates wurde es aus Staltamitteln 
(Welfenfonds) wieder in Stand gesetzt. Die Stadt Hannover hat nun ihre sechste stlndige 
Kunstsammlung, jede im Verhnltniss zur Große der Stadt klein und alle fast dasselbe 
Ziel verfolgend. Wahrend die Einrichtung des Museums vollendete Thatsache ist, beGndet 
sich jene seiner Verwaltung noch in der Schwebe. Bisher war der jeweilige Vorsitzende 
des Vereines der Leiter des Museums, der jedoch satzungsgemlß nach zwei Jahren von 
seinem Amte zurücktreten muss. 
Das Wohn- und Sterbehaus des großen Philosophen Leibniz, ein prachtiger Bau 
von 1652, wurde nach vollendeter Restauration dem Hannovefschen Kunstgewerbeverein 
von der Regierung überlassen. Die Fassade mit dem vom Erdgeschosse an durch drei 
Stockwerke gehenden schonen Erker ist in Polychromirung, wie sie dem niederlandiachen 
Holzstil entspricht, und mit maßvoller Anwendung von Gold hergestellt. Man betritt 
zuerst eine sehr weite, durch Erdgeschoss und t. Stock gehende Halle mit der zu einer 
Galerie in halber Höhe führenden Stiege; nur an der Stirnseite des Hauses sind diesem 
Raume Zimmer abgewonnen, und dieselbe Eintheilung wiederholt. sich in den zwei oberen 
Stockwerken, über denen der Giebelbau noch hoch aufsteigt. Bildet schon dieses lnnere 
mit seinem alten Holzwerk, Balkendecken, Thürverkleidungen u. s. w. eine Sehenswürdig- 
keit, so machen die noch vorhandenen Einriehtungstücke es selbst zu einem kunstgewerb- 
lichen Museum. Mehrere Erkerzimmer sind vollständig mit blauweißen Fliesen bekleidet, 
auch Fensterpfeiler und Fensterleibungen; das Material besteht zumeist aus den bekannten 
kleinen holllndischen Platten mit Landschaften, Seestücken, Figuren in Runden, doch 
sind auch zusammenblngende Decorstiovnsstücke erhalten. Ein anderes Zimmer ist ganz mit 
Gobelins ausgestattet, deren Darstellungen es als Musikzimtner chnrakterisiren. Wieder 
ein anderes hat grau in grau gemalte Papiertapeten mit großen antikisirenden- Darstel- 
lun en, wohl aus der Zeit Ludwig XVl. Dazu kommt eine große Zahl alter Oefen. Die 
noc aus. der Zeit des Baues stammenden sind von geringerer Bedeutung, vortreGlich 
dagegen die vom Uebergange aus dem Barock an bis in das Empire, die Mehrzahl bestes 
Rqcoco, weiß, nur mit Reliefs, weiß mit blaugemalten Einsetzen, lichtgelb mir brauner 
Malerei etc. 
Die Hauptrlume des Gebäudes enthalten die systematische Sammlung, welche 
nach Rohstoff und Technik eingetheilt ist; im Erdgeschoss Metall und dann in der 
Reihenfolge der Stockwerke: die Gelaßsammlung nebst vorzüglichen ntaurischen Fliesen, 
die Ledcr- und Holzabtheilung und schließlich} die Textilsammlung; Die nach der 
Schmiedestraße zu gelegenen klainen Wohnräume, darunter auch das Wohn- und Sterbe- 
zimuter von Leibniz und jenes, in welchem lflland geboren wurde, sind - ahnlieh wie im 
Salzburger Museum - nach Stilzeitaltern eingerichtet. Das neue Museum ist auch zwei al 
in der Woche Abends von 7 bis 9 Uhr bei elektrischer Beleuchtung geöffnet, weil bei 
Tag in dem etwas düsteren alten Goblude das Studium erschwert ist. Für Nicht- 
mitgliader, auch solche, welche die Kunstgewesbeschule besuchen, betrügt das Ein- 
trittsgeld zo Pfg. In den ersten vier Wochen haben mehr als aooo Besucher die Ans- 
stellung besichtigt. H; Lg. 
 
Für die Redacliou vermtwanlich: .l. l-blnuicc und F. Mm. 
Salhuverlag du i. k. Ouurr. Mnleulu für Kam! und ludulrle. 
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