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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 7)

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Gibt nun schon die classische Litteratur nur höchst unsichere 
Nachrichten über unseren Gegenstand, so finden wir uns, wenn wir die 
größten Sammlungen antiker Objecte resultatlos nach Zinnarheiten durch- 
forschen, erst völlig im Stiche gelassen. Was von Zinnarbeiten der Antike 
zugeschrieben wird, beschränkt sich auf wenige Stücke. Das Oesterr. 
Museum besitzt einen kleinen stark fragmentirten Krater mit dazu- 
gehörigem Deckel, 1872 bei Palestrina, dem antiken Praeneste gefunden. 
In französischen Sammlungen existiren noch: Ein Gefäßhenkel, Anfangs 
dieses Jahrhunderts in den Ruinen der römischen aquae neriae im heutigen 
Departement Allier ausgegraben, ferner einige glatte Knöpfe und ein 
flacher Napf. Hiemit wäre so ziemlich alles Hiehergehörige angeführt. 
Das in classischer Zeit in nicht zu großen Mengen vorhandene Zinn 
wurde sicher fast ausschließlich zur Legirung des Kupfers, zur Herstel- 
lung der edlen Bronze verwendet. Bezüglich der letzteren gibt Plinius 
in seiner Historia naturalis genaue Erläuterungen, welche auf Grundlage 
der chemischen Analysen des vorhandenen antiken Materials ihre Be- 
stätigung gefunden haben. Hier begegnen wir bei Plinius") auch einer 
sicheren Bezeichnung für Zinn, nämlich plumbum album. 
Verlassen wir die Zeit und den Boden des classischen Alterthurns 
und suchen wir mit jenen Perioden der christlichen Zeitrechnung Fühlung 
zu bekommen, aus welchen sichere Nachrichten über die Herstellung 
von Zinnarbeiten oder Beispiele dieser letzteren vorhanden sind, so zeigt 
sich, dass wir genöthigt sind, Jahrhunderte herabzusteigen bis zum Beginn 
des Mittelalters, ehe unser Vorhaben von Erfolg begleitet ist. 
Die verschiedenen Bestimmungen der Kirche, welche sich auf die 
Ausschließung oder die Zulässigkeit des Gebrauches zinnerner Kelche 
beziehen, sowie die aus kirchlichen Inventaren zu schöpfenden Nach! 
richten mögen an dieser Stelle nur im Allgemeinen angedeutet sein. Sie 
zeugen für die Thatsache, dass um das Ende des 8. Jahrhunderts Zinn- 
arbeiten zu Zwecken des christlichen Cultus schon vorhanden waren. 
Um Positives über die Methode der Verarbeitung des Zinns 
und über die Formengebung der mittelalterlichen Zinnobiecte zu erfahren, 
sind wir genöthigt, wieder einige Jahrhunderte - bis in die Zeit der 
Kreuzzüge - weiterzugeben. Allerdings nicht so weit als gewöhnlich 
angenommen wird. Es erschließt sich uns nämlich eine sehr wichtige 
Quelle, aus deren klarem Inhalt meines Wissens noch nichts geschöpft 
wurde, was die in derselben enthaltenen, sehr genauen und nachweisbar 
ältesten Kundgebungen über die Technologie des Zinns im Mittelalter 
betrifft. Diese Quelle ist die allbekannte, doch noch immer nicht genugsam 
geheißen, welch' letztere Benennung orientalischen Ursprungs ist, müsste nach der etymo- 
logischen Verwandtschaft derselben mit dem englischen pznvlzr wehl auf seine Identität 
mit solchem schließen lassen. Dennoch ist pewrer nicht Zink, sondern eine Zinnlegirung. 
i) Hist. m. XXXIV.
	        
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