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Bildnisse allein nicht auf die Enstehungszeit der entsprechenden Schüsseln
geschlossen werden kann.
Was Doppelmayer weiters noch von Nürnberger Zinngießern erzählt,
welche sich im Besitze besonderer technischer Vortheile befunden haben
sollen, ist zum Mindesten der Erwähnung werth. Melchior Koch,
gestorben 1567, färbte die zinnernen Becher, Schüsseln, Teller u. dgl.
in dauerhafter Weise, so dass sie wie vergoldet aussahen. vEr ließ seine
Kunst mit sich absterben-i. Sollte er es vielleicht verstanden haben, das
goldglänzende und dabei haltbare Zinnsulphid zu diesem Zwecke in irgend
einer Art zu verwenden? - Sichere Antwort ist auf diese Frage wohl nicht
zu erbringen. Besser steht es mit der Erklärung eines von Hans Lob-
singer (gestorben 1570) geübten Verfahrens. Nach Allem was über ihn
berichtet wird, müssen wir ihn für einen geschickten Formator halten,
der seine Nachbildungen in den verschiedensten Materialien auszuführen
wusste. Er wird nein in vielen Sachen geübter Mechanikusu genannt und
seine Geschicklichkeit, kleine Thiere, Eidechsen u. dgl. in Silber abzu-
gießen, sowie mancherlei andere plastische Arbeiten herzustellen, gerühmt-
Belächelt aber wurde in unserer Zeit schon oft seine vergebliche, in der
Fachlitteratur mehrfach erwähnte Kunst, das Zinn so weich wie Leim
zu machen und es nach entsprechender Verarbeitung wieder zu härten.
Diese Angabe beruht jedoch zum Theil auf einer irrthümlichen Auslegung
des Doppelmayefschen Textes, deren Berichtigung vielleicht hier am Platze
ist. Es heisst nämlich von ihm "), ner habe das Zien so weich wie den
Leim en [d. h. wie Lehm oder Thon] zu machen verstanden, daraus zu
formiren und zu drucken was er wollte, darauf aber solchem wiederum seine
Härte zu geben. ...-. Offenbar haben wir es hier mit der Verwendung
von Zinnamalgam zur Herstellung von Abdrücken kleiner plastischer
Arbeiten, Medaillen etc. zu thun und bedarf diese Sache keiner weiteren
Erklärung. Bekannt sind heutzutage die Quecksilberamalgarne überall,
z. B. das Zinnquecksilberarnalgam als Spiegelbelag, das Zinn-, Silber-,
Quecksilberamalgam in der Zahnheilkunde als wichtiges Mittel zum
Plombiren hohler Zähne.
Nach den glänzenden Erscheinungen der eben erwähnten Periode
erfolgte rasch die rückläufige Bewegung der Zinngießerei. Obwohl auch
im Verlaufe des 17. Jahrhunderts noch zahlreiche schöne Stücke ent-
standen, deren reich figurale Ausstattung Beziehungen zu biblischen Vor-
kommnissen oder zur classischen Litteratur aufwies, oft auch die Reiter-
bildnisse der Monarchen und Höchststehenden dieser Periode zeigte oder
Arbeiten, bei denen auch die kräftig decorativen Formen der getriebenen
Silberwaaren der gleichen Zeit ihren Einfluss bemerkbar machten, so über-
wogen doch bald jene Leistungen, deren Formengebung und Austattung
durch die aufblühende Technik des Drechselns dictirt waren.
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