Litteratur- Bericht.
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin. Im Auftrage des Magistrats
der Stadt Berlin bearbeitet von R. Borrmann. Mit einer geschicht-
lichen Einleitung von P. Clauswitz. Mit 28 Lichtdrucktafeln, zahl-
reichen Abbildungen und 3 Plänen. Berlin, Julius Springer, 1893. 4".
Xll, 4.36 S. M. 30.
Das Werk schließt sich sowohl seiner Bestimmung nach als auch in Anordnung
und Behandlung des StoGes den von den Provinzen der preußischen Monarchie sowie
den einzelnen Staaten des Deutschen Reiches herausgegebenen kunsttopographischen Ver-
zeichnissen an. Der Mehrzahl dieser Arbeiten gegenüber wurde aber eine größere Aus-
führlichkeit der Darstellung, namentlich des Geschichtlichen, angestrebt. Unberücksichtigt
blieben nur die in öffentlichen Kunstanstalten und Bibliotheken, sowie die in Privat-
sarnmlungen, einschließlich der königlichen, vorhandenen Kunstschatze. Dagegen ist Alles,
was zum dauernden Bestande und zur Einrichtung der königlichen Schlosser gehort, so
die Decoration der Wande, Decken und Fußböden. die Sculpturen, Gemalde und Möbel,
aufgenommen worden.
Die geschichtliche Einleitung umfasst den Zeitraum von der annahernden Gründung
der Stadt (1230-1240) bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts; ihr folgt die Ueber-
sicht über die Geschichte der Kunst in Berlin vom 13. bis zum Ende des t8. Jahrhunderts.
Den Hauptinhalt des Werkes bildet naturgemäß der dritte Theil, die Beschreibung der
Bau- und Kunstdenkmaler, illustrirt mit vorzüglichen Lichtdruclten von Hermann Rück-
wardt und Federzeichnungen von Rehlender und Mirkovszky. Jeder einzelnen Beschrei-
bung ist eine ausführliche Litteratur- und Abbildungenangabe vorausgeschickt. Die Be-
festigungsanlagen und Thore, die zahlreichen Kirchen, das königliche Schloss, die Paläste
des preußischen Königshauses, die olfentlichen Gebaude, die Brücken und Brücken-
colonnaden, die öKentlichen Denkrnaler und die Denkmäler bürgerlicher Baukunst finden
in diesem Theile eingehende Beschreibung. Aus Allern ergibt sich, dass die Zahl der
alten Bau- und Kunstdenkmaler Berlin's weit größer ist, als man nach dem modernen
Aussehen der Stadt vermuthen sollte.
ln künstlerischer Hinsicht nehmen das meiste Interesse in Anspruch die Schil-
derung der alten Domkirche mit ihren in den neuen Dom herübergenommenen Denk-
mälern und Sarkophagen der Hohenzollernfürsten, voran das Bronzeepitaph des Kurfürsten
Johann aus der Werkstätte Peter Vischer's und die Prachtsärge des Großen Kurfürsten
und der Königin Sophie Charlotte; ferner die Beschreibung ides königlichen Schlosses
mit seinen Prunltgemächern von Schlüter und Eosaader. die an gediegener Pracht mit
jedem anderen Fürsrensitze jener Zeit den Vergleich aushalten; schließlich das Zeughaua
und das Denkmal des Großen Kurfürsten, welche von Schlütefs großartiger künstlerischer
Begabung beredtes Zeugniss ablegen. H-e.
at-
Die Wandstickereien des Königs Rene in der Kathedrale zu Angers.
Darstellungen aus der Apokalypse. 72 Photographien. Leipzig, Karl
W. Hiersemann. Fol. M. t33'5o.
Die Gobelins mit den Darstellungen aus der Apokalypse in der Kathedrale von
Angers zahlen zu den allerkostbarsten Denkmälern, die uns das spatere Mittelalter hinter-
lassen hat. Sind dieselben schon kunstgeschichtlich merkwürdig, so ist ihr Werth für
die Geschichte der Gobelinindustrie geradezu ein unschätzbarer zu nennen. Eine Suite
von nahezu hundert Darstellungen, von denen wir nicht blos die Zeit, sondern auch die
wichtigsten naheren Modalitaten der Entstehung, ja selbst Namen und Persönlichkeit des
Erzeugers vollig genau kennen! Bis in das 16. Jahrhundert müssen wir beim dermaligen
Stande unserer Kenntniss von der Geschichte der Wandteppich-Wirkerei herabgehen,
um ähnliche Verhaltnisse wiederzufinden.
Der Herausgeber hat sich mit der bloßen photographischen Publication der ge-
sarnmten Suite begnügt und auf jegliche Textbeigabe verzichtet. Gewiss liegen für Den-
Ijenigen, der sich über den Gegenstand des Naheren informiren will, die Monographie
von de Farcy und die einschlägigen Arbeiten von J. Guiffrey vor. Aber der Umstand,
dass die Suite von dem Pariser Tapissier Nicolas Bataille in der zweiten Halfte des
14. Jahrhunderts (von 1378 ab) für den Herzog von Anjou gefertigt worden ist, hltte
sich im Titel sagen lassen können; jedenfalls wäre eine dementsprechende Wahl des
Titels aufklarender gewesen, als der vorliegende, der die Suite der Tradition gemäß mit
dem Konig Rene in Verbindung bringt. Geradezu verwirrend wirkt die Uebersetzung