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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 10)

seite mit Blattranken geschmackvoll verzierte und vergoldete Schale 63x. 
Hier muss erst eine genauere, durch die starke Versinterung erschwerte 
Untersuchung klar machen, ob der bräunliche Ton der Oberfläche von 
einer leichten Glasur herrlihrt, oder Resultat sorgfältiger Glättung ist. 
Wäre das erstere der Fall, dann hätte die Glasur den Zweck gehabt, 
einen glatten Grund für die sehr dünn aufgetragene Glasur abzugeben. 
Fraglich ist auch die Berechtigung zur Einreihung unter die antiken 
glasirten Gefäße bei den aus Carnuntum stammenden Nummern 254. und 
25l5, bei welchen ein überhöhtes Kännchen mit lappiger Mündung, ein cylin- 
drisches Fässchen und ein dritter unbestimmbarer, bei beiden Exemplaren 
fehlender Theil, mit einander verkoppelt sind. Die Form dieser kleinen 
Gefäße ist allerdings seltsam, aber Thon, Glasur und Fundort - das 
Amphitheater - lassen den antiken Ursprung als möglich erscheinen. 
Am Schlusse unserer Ausführung wollen wir noch eine Frage auf- 
werfen, die für das Verständniss der keramischen Gattung, mit der wir 
uns beschäftigt haben, von grundlegender Bedeutung ist: Aus welchen 
Gründen hat man im Alterthum von der Glasur Gebrauch gemacht? 
Ueberblicken wir die Geschichte unserer Technik und die Menge des Er- 
haltenen, so kommen wir zu dem Resultat, dass, solange sie geübt wurde, 
ausschließlich decorative Rücksichten bei der Anwendung der Glasur 
maßgebend waren. Unter den zahllosen ägyptischen Objecten findet sich 
nichts, an dem die praktischen Vortheile des glasigen Ueberzuges zur 
Geltung kämen; auch die hellenistische Keramik hat bei ihrer Glasirung 
der zierlichen Schälchen und Töpfchen kaum etwas anderes als eine Er- 
höhung des decorativen EHectes im Auge gehabt. Erst in römischer Zeit, 
und gerade in den Provinzen, finden sich die einfachen, ordinären Krüge, 
Töpfe und Becher, die auf jede Verzierung verzichtend, nichts anderes waren 
als primitives Bedarfsgeschirr. War hier die Glasur der letzte Rest des 
Schmuckbedürfnisses oder hat man sie verwendet in voller Kenntniss und 
Ausnützung ihrer praktischen Seiten? Stellen wir uns nur vor, wie hoch 
vom Standpunkte der Zweckmäßigkeit ein glasirtes römisches Gefäß über 
einer gefirnissten griechischen Vase steht. Der Firniss behebt durchaus nicht, 
wie man sich leicht überzeugen kann, die Porosität des Thones und hin- 
dert nicht, was wenigstens für unsere Anforderungen an ein Trinkgeschirr 
unerlässlich ist, dass die aufbewahrte Flüssigkeit einen unangenehmen 
Erdgeschrnack und Erdgeruch annimmt. Aber wenn die römische Zeit 
diese Vortheile voll erkannt hätte, müsste man erwarten, dass das glasirte 
Geschirr im einfachen römischen Haushalte dieselbe Rolle einnehme, wie 
bei uns. Dem widerspricht jedoch die Fundstatistik der glasirten Gefäße. 
Neben der sogenannten Terra sigillata und dem sonstigen Geschirr sind 
sie in verschwindender Minorität. Nun ist es ja wahr, dass bis vor 
Kurzem bei Grabungen an römischen Stätten glasirte, namentlich unver- 
zierte Gefäße und Scherben als selbstverständlich nicht antik bei Seite 
geworfen wurden; wenn man nun auch gegenwärtig in dieser Beziehung
	        
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