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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 2)

der Lesekanzel im Refectorium der Badia bei Fiesole, so in der Capella 
Pazzi, so in S. Lorenzo und namentlich in der Sacristei dieser Kirche. 
Den einrahmenden Rundstab übersetzt er gerne in einen fest gebundenen 
Kranz, Architrave und Archivolte schmückt er mit Blätterstäben; die 
Rosetten in den Cassettirungen bildet er aus Eichenblättern, auch Mohn 
und Lorbeer liebt er zu verwenden. Alles in Allem ist er aber in seiner 
Decoration doch mehr ein Vertreter der Antike und weiß nur von Fall 
zu Fall aus dem sich ausbreitenden Naturalismus Vortheil zu ziehen, 
wie z. B. an den Chorschranken in der Sacristei von S. Lorenzo, wo er 
die schwere antike Akanthusspirale ihrer Blätter beraubt und sie dafür 
mit frei abstehendem Eichenlaub schmückt. Und mehr noch bei den 
nach seinen Angaben ausgeführten Intarsien der Wandschränke, wo er 
Vasen anbringt, aus welchen zierliche Blumensträuße emporragen und in 
Ranken herabfallen. Trelilich füllen sie den Raum aus. Es sind Nelken, 
Lilien, Rosen, Passionsblumen u. s. w. - An einem Brunnen in der 
Badia bei Fiesole ist in dessen abschließenden Bogen ein Fruchtkranz, 
aus einzelnen Bündeln bestehend, eingelassen, bei welchem mitten 
unter Mispeln, Pinienzapfen, Kornähren und Aprikosen ein Bündel stili- 
sirter Palmetten erscheint; ein interessantes Beispiel, wie selbst bei 
Brunellesco gelegentlich noch Antike und Naturalismus sich unvermittelt 
nebeneinander vertragen müssen, oder vielmehr wie auch hier die Antike 
ganz naiv als zweite Natur herangezogen wird. Weitaus wichtiger und 
bedeutender ist aber jener berühmte Sacristeibrunnen von S. Lorenzo, der, 
er mag nun von Brunellesco, Donetello oder Verrocchio herrühren, zu 
den genialsten Schöpfungen dieser Künstlergeneration zählt. Er ist typisch 
für die jungfräuliche Herbheit wie für das entschlossene Zugreifen der 
Früh-Renaissance. Auch hier ist Antike und Quattrocento leicht zu trennen. 
Oben die Palmette, dann der naturalistische Adler mit dem Ring und 
dem Wahlspruch des Hauses Medici in einem seiner Fange, weiter nach 
abwärts der antike Candelaber mit der steinernen Flamme, seinerseits - 
wieder umgeben von Eichenkränzen, phantastischen Meeresungeheuern 
und grimmigen Wolfsköpfen, endlich die Brunnenschale mit ihrem an- 
tlken Lüwenhaupt und die prächtigen Sirenen mit ihren mittelalterlichen 
Satansflügeln. Bei alledem aber welch" bewundernswerthe künstlerische 
Kraft, die das Ganze zusammenhält! 
Will man aber sehen, wie der Naturalismus auch selbständig die 
Erfordernisse reichster Decoration zu bestreiten unternimmt, muss man 
sich an Ghiberti und Luca della Robbia halten, denen sich gelegentlich 
auch Verrocchio anzuschließen wusste '). Was diese an Laubwerk, Blumen 
und Früchten in ihre Verzierungsweise aufnehmen, das hat mit den an- 
tiken Guirlanden und Kränzen nur mehr den Namen gemein, Durch- 
') Grabmal des Pietro und Giov. Medici in der alten Sacristei von S. Lorenzo 
vom Jnhre 147:. 
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