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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 2)

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vvünschenswerthen Klarheit und Entschiedenheit wird die Forderung aus- 
gesprochen, dass-die kirchlichen Aufträge nur den in ihrem Fache frei und 
solid arbeitenden Künstlern und Kunsthandwerkern Oesterreichs zuge- 
wendet werden und in der Erwägung heißt es wörtlich: vdass ein auf- 
dringliches Fabriksthum und Händlerwesen der kirchlichen Kunstübung 
sich bemächtigen will, sogenannte Kuustanstalten zwischen Anschalfer und 
Kunstarbeiter sich eindrängen, fabriksmäßig erzeugte, sogar auf mecha- 
nischem Wege hergestellte Mache statt eigentlicher Kunstwerke liefern und 
sowohl Besteller als Künstler pecuniär ausbeuten, auch die Künstler in 
eine unwürdige Unselbständigkeit bringen, sowie der wissenschaftlich 
geforderten Ausbildung kirchlicher Kunstgegenstände sehr wenig Rech- 
nung tragen". 
Trotz dieser energischen Selbstkenntniss glauben wir aber, dass die 
völlige Consolidirung geänderter Verhältnisse noch auf Jahre hinaus nicht 
gehofft werden dürfe. Umsomehr soll die Zeit inzwischen im eigensten 
kirchlichen wie künstlerischen Interesse nicht unbenutzt vorübergehen. 
Die Schwierigkeit liegt darin, dass die fraglichen Uebelstände längst 
und allzutief eingewurzelt sind. Es fehlt praktisch am Einvernehmen zwischen 
Besteller und Künstler, es fehlt das Verständniss der Sache und die Rein- 
heit der Intention auf beiden Seiten - es fehlt aber nicht an wohlorgani- 
sirter Geschäftsentfaltung unberufener, schädlicher, aber weitausgreifender 
Factoren! Diese unheimlich zahlreichen, blühenden Heiligenfabriken und 
Surrogatanstalten konnten der wirklichen Kunst so entschieden Concurrenz 
machen, das eine derselben einen jährlichen Import von 2oo.ooo-3oo.ooo fl. 
nach Oesterreich zu verzeichnen hat an Altären, Figuren, Kreuzwegen, 
Glasmalereien u. a. Solche Zahlen regen unwillkürlich an, ziffermäßig 
sich zu vergegenwärtigen, wie viele unserer talent- und zahlreichen öster- 
reichischen Künstler von dieser Summe leben könnten. Woher also 
dieses weit eingerissene Uebel? Dem Auge des tiefer Blickenden 
wird sich der Umstand kaum entziehen, dass jene Schädlinge es wohl 
verstanden haben, sich der Forderung nach Kir chlichkeit der Formen 
anzubequemen. Die angebliche und wirkliche Kirchlichkeit entscheidet. 
Darüber sich hinaussetzen hieße das Uebel vergrößern, denn die Forderung 
nach einer gewissen_nKirchlichkeitu ist berechtigt, wenn auch hier übel 
verstanden und arg missbraucht. Wenn etwas gothisch oder romanisch 
gedrechselt ist, wenn eine Heiligenfigur den gewissen conventionellen 
Faltenwurf hat und in den geistlos typischen Zügen ein fades Lächeln 
die Heiterkeit einer in Gott ruhenden Seele widerspiegeln soll, dann ist 
man schon zufrieden, denn wes sei kirchlich-i. Doch gerade von Seele ist 
in dem ganzen Werke nichts zu finden! Die Fabriksarheit muss seelenlos 
sein - die Größe der Empfindung aber ist immer christlich und kirch- 
lich gewesen. Würde man doch die Schätze jener theologischen Lehre 
auch für dieses Gebiet heben, dass die übernatürliche Ordnung die per- 
fectio speciüca, die in ihrer Art abgeschlossene Vervollkommnung der
	        
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