Wir sehen in diesem Denkmal den Gipfel und die Krone der orna-
mentalen Plastik, wie sie sich im 15. Jahrhundert herausgebildet. ln den
wirkungsvollen Contrasten zwischen Licht und Schatten, welche er durch
starke Unterhöhlung einzelner Theile herbeiführt. in der edlen Linien-
führung, in der wohlerwogenen Vertheilung der Massen und Ausfüllung
des Raumes, endlich in dem schönen Verhältnisse von Hoch- und Flach-
relief bekundet Sansovino eine unübertroffene Meisterschaft.
Schon sein blos um 14 Jahre jüngerer Fachgenosse Benedetto da
Rovezzano, der ähnliche Aufträge auszuführen hatte wie Sansovino, zeigt
in seiner Decoration eine Sucht nach neuen Motiven, die ihn hie und da
auf Abwege verlockt. Auch er bevorzugt, wie Sansovino, das Hochrelief,
sucht aber auch den zarten Bildungen der Frührenaissance durch kräf-
tige Darstellungsweise erhöhte Wirkung zu verleihen und mischt, feinere
Empfindung verletzend, allerlei Gegenstände, wie Schwerter, Bücher,
Pokale, Leuchter, Körbe, Fackeln und andere, meist symbolische Gegen-
stände in fast freier, unsymmetrischer Vertheilung in sein Ornament.
Ja, er scheut sich nicht, gelegentlich einen ganzen Bogenfries mit anein-
andergereihten Todtenschädeln und gekreuzten Knochen zu verzieren. -
Immerhin bietet Rovezzano in seinen besten Werken, wie in seinem Altar
des Dionysius in S. Trinita zu Florenz ganz Vorzügliches. ln den deco-
rativen Cotnpositionen seiner Zeitgenossen und Nachfolger nehmen aber
animalische und fratzenhafte Bildungen, die sogenannten Grottesken,
immer mehr überhand. An Stelle des lebensvollen vegetabilischen Ranken-
werkes treten übertriebene Formen, der Schüler will den Meister, das
spätere Werk das vorangegangene überbieten. Virtuosität ersetzt das
frische Empfinden, die Barocke meldet sich mit leiser, aber dennoch
vernehmbarer Stimme, und es versiegt der Jungbrunnen künstlerischer
Phantasie, die Liebe zur Natur.
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit
demselben verbundenen Institute.
Spezial-Ausstellung von farbigen Kupferstlohen. Se. Ma-
jestät der Kaiser hat am 9. v. M. die Ausstellung mit Allerhöchst
Seinem Besuche ausgezeichnet. Se. Majestät erschien um u Uhr Vor-
mittags im Museum und wurde von dem Director Hofrath v. Falke
und dem Vice-Director Regierungsrath Buch er empfangen und in die
Ausstellung geleitet. Bibliothekar-Scriptor Ritter, welcher den Katalog
redigirt und die Aufstellung der Bilder geleitet hat, wurde hier dem
Kaiser vorgestellt. Se. Majestät verweilte über drei Viertelstunden in der
Ausstellung und besichtigte dieselbe mit lebhaftem Interesse.
Se. k. u. k. Hoheit Erzherzog Ludwig Victor hat die Ausstellung
am 7., Ihre k. u. k. Hoheiten die Erzherzogin Maria Theresia und
Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este haben dieselbe am
8. v. M, mit Ihrem Besuche beehrt. Am letztgenannten Tage hat auch
Se. kgl. Hoheit Prinz Philipp von Coburg die Ausstellung besucht.