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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 7)

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aufzufassen. Damit erscheint aber unsere Auffassung von der älteren Ge- 
schichte des orientalischen Knüpfteppichs auf eine ganz neue, von der 
bisher vorherrschend gewesenen gründlich verschiedene Basis gestellt, und 
zwar haben wir dieses Resultat vornehmlich der Berücksichtigung des 
Gebrauchszweckes zu danken. 
Ganz dieselbe Bedeutung, wenngleich natürlich dem geringeren Gegen- 
stande entsprechend von geringerer Tragweite, hat die Betrachtung des 
Gehrauchszwecltes, wenn wir denselben der Beurtheilung des Verhältnisses 
zwischen dem rumänischen und dem ihm territorial nächstbenachbarten, 
dem ruthenisch-podolischen Teppich, zu Grunde legen. Dieser letztere 
dient, wie ich in dieser Zeitschrift im Maiheft dieses Jahres S. 89 aus- 
führlich erörtert habe, lediglich als Bettdecke. Der bukowinische Teppich 
dagegen ist stets ein schmaler Langteppich und dient nur als Banklaken 
oder als Rücklaken, als letzterer sowohl zur Tapezierung der Wand 
als auch zum Ueberhang auf den Laufbrettern, die oben unter der 
Decke des Zimmers angebracht sind und auf denen die textilen Vorräthe 
der Bäuerin aufgespeichert lagern. Gewirkte Banklaken und Rücklaken 
zierten aber bekanntlich auch das mittelalterliche Wohnhaus des Süd- 
deutschen. Gewirkte Rücklaken sind uns bis auf den heutigen Tag 
erhalten geblieben, die minder reich verzierten und der Abnützung 
stärker ausgesetzten Banklaken kennen wir wenigstens aus den alten 
Inventaren. Das Wort Kilim, das die ruthenische Bettdecke bezeichnet, 
kennt der rumänische Sprachgebrauch in der Bukowina nicht; hier heißt 
der Wirkteppich vluicer-I. Da der orientalische Kilim häufig, der süd- 
slavische und der ruthenische immer das Deckenformat hat, so gewinnt 
es in der That den Anschein, als ob das Wort nKilim-x nicht mit der 
Herstellungstechnik, sondern mit dem Gebrauchszwecke zusammenhinge 
und wohl auch das Wort wlaiceru. 
Schon der Gebrauchszweck allein ist also beim bukowinischen Teppich 
ein einfacherer, alltäglicherer als beim podolischen Teppich. Die Bettdecke 
in der Hütte des podolischen Bauers ist eine kostbare Zierde, die er auch 
in den weitaus meisten Fällen in der Truhe versperrt und nur bei fest- 
lichen Anlässen hervorzieht. Der Banklaken in der rumänischen Bauern- 
hütte liegt dagegen ständig auf. Dies mag auch den Umstand erklären, 
dass so wenig von älteren Teppichen in der Bukowina erhalten ist. 
Teppichsammlungen wie diejenige des Herrn Lad. v. Fedorowicz in Okno 
mit ihren hundert erlesenen Beispielen älterer podolischer Kilims, wird 
man in der ganzen Bukowina vergebens suchen. Bei Herrn Dr. v. Zotta 
in Nowoselitza sind einige alte Stücke, die aber größtentheils das Kilim- 
format und ungewöhnliche Muster zeigen und daher nicht mit voller Be- 
stimmtheit auf localen Ursprung zurückgeführt werden dürfen. 
(Schluss folgt.)
	        
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