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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 7)

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kurzweg behaupten, diese Tendenz ist so alt wie die reproducirenderi 
Künste selbst. Die einfache Bildwirkung von Weiß und Schwarz beim 
Holzschnitt, Kupferstich, bei der Radirung und Lithographie genügte 
nicht den farbenfreudigen Generationen der Neuzeit, deren Kunstschalfen 
entschieden unter der Vorherrschaft des malerischen Principes steht, und 
darum können wir nach dem Aufkommen jeder neuen Vervielfältigungs- 
art, welchen Namen immer dieselbe führen mag, alsbald die Versuche 
wahrnehmen, die Wirkung von Schwarz und Weiß durch Buntfarbigkeit 
zu steigern und dem Effecte eines eigentlichen Gemäldes so viel als 
möglich nahe zu bringen. Daher wurden sofort im 15. Jahrhunderte, 
welches wir als die Geburtszeit des Holzschnittes und des Kupferstichs 
anzusehen haben, die Holzschnitte in den Büchern und noch mehr die 
Einzelblätter mit bunten Farben patronirt oder mit der Hand bemalt, 
um das Farbenbedürfniss der ärmeren Classen zu befriedigen, welche sich 
keine mit Miniaturen gezierten Bücher und keine Gemälde kaufen konnten. 
Schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts schritt die Holzschnitttechnik zum 
buntfarbigen Drucke vor, zu dem sogenannten Clairobscur, bei welchem, 
allerdings mit Beschränkung auf wenige Farbentöne, jede dieser Farben 
von einem besonderen Holzstocke über die schwarzen Umrisse der Zeich- 
nung gedruckt wird. Burgkmaifs Kaiser Maximilian zu Pferde vom 
Jahre 1508 zeigt uns gleich eine hohe Stufe von Vollendung im Clair- 
obscur, auf welcher sich dann Blätter von Dürer, Cranach, Altdorfer, 
Baldung Grün, Hans Wechtlin von Straßburg und noch anderen deut- 
schen Künstlern anschließen. Die Italiener, bei denen Hugo da Carpi 
lange als der Erfinder des Clairobscur überhaupt galt, folgten seit Rafael's 
Zeiten in großer Anzahl nach und auch bei den Niederländern, Eng- 
ländern und Franzosen wurden das 17. Jahrhundert hindurch bis in die 
zweite Hälfte des 18. einzelne Blätter dieser Technik mit großer Meister- 
schaft producirt. Ja gerade um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden 
von den Engländern Pond und Knapton (ca. 1735) und dem Franzosen 
Nicolas Lesueur zur Nachahmung von getuschten Zeichnungen aus- 
gezeichnete Clairobscurblätter gemacht, indem sie auf radirten Contour- 
zeichnungen die Schattirung in verschiedenen Tönen von Holzschnitt- 
platten aufdruckten. Es erscheint dies wie eine letzte Kraftanstrengung 
der alten Holzschnitttechnik gegenüber dem neu auftretenden gefährlichen 
Concurrenten„ welcher gerade damals in dem farbigen Kupferdrucke 
erstand und dessen Schilderung eben die besondere Aufgabe meines 
Vortrages bildet. 
Die Versuche in farbigem Kupferdruck beginnen schon im 
17. Jahrhundert, und zwar bezeichnend genug in den Niederlanden, deren 
Malerei gerade damals ihre Ruhmeslaufbahn auf coloristischem Gebiete 
durchmaB. Es waren dies der Antwerpener Franz van den Wyn- 
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