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Le Blon bediente sich für seinen, von ihm ausdrücklich aus-
gesprochenen Zweck, Gemälde zu drucken ') nicht gestrichener, sondern
geschabter Platten. Diese Technik der sogenannten Maniere noire oder
Schabkunst war um 1640 von dem hessischen Oberstlieutenant Ludwig
van Siegen erfunden, dann durch den pfälzischen Prinzen Ruprecht
nach England gebracht und dort mit der Zeit so ausgebildet und beliebt
geworden, dass man diese Art oft auch den venglischen Stichu genannt findet.
Sie besteht darin, dass mit dem Granirstahl oder Wiegmesser eine Kupfer-
platte nach Kreuz und Quere so vollständig sammtartig aufgerauht wird,
dass sie dann, mit der Druckerschwärze eingerieben, im Abdruck eine
ganz gleichmässig schwarze Fläche ergibt. ln dieser Platte sind mithin
alle Schattenpartien bereits vorbereitet und es handelt sich nun darum,
aus dieser schwarzdruckenden Platte die Uebergänge und Lichter heraus-
zuarbeiten. Dies geschieht mit dem Schabeisen, indem dort, wo noch
einige Druckerschwärze für die Schattenübergänge aufgenommen werden
soll, die sammtige Granirung der Platte nur theilweise, dort aber, wo
im Abdruck die Lichter kommen sollen, diese Granirung ganz aus-
geschabt wird, damit beim Einreiben an diesen Stellen gar keine Drucker-
schwärze haften bleibe. Die Schabkunst arbeitet also in entgegengesetzter
Weise von dem gewöhnlichen Kupferstich oder der Radirung: bei letzterer
geht die Bearbeitung der Platte vom Licht zum Dunkel, bei der Schab-
kunst hingegen vom Dunkel zum Licht und dieselbe besitzt überdies,
weil sie gar keine scharfen Contouren aufweist, den Vortheil größerer
Weichheit und Verschwommenheit als der scharf umrissene Kupferstich.
Gerade diese letztere Eigenschaft größerer Weichheit und die Mög-
lichkeit rascherer Herstellung ließ die Schabkunstmanier dem Le Blon
für die von ihm beabsichtigte Nachahmung von Gemälden besonders
willkommen erscheinen, und zwar verwendete er für seine Zwecke drei
geschabte Platten in den Grundfarben von je blau, gelb und roth. Durch
das Uebereinanderdrucken dieser Grundfarben erzielte er die nothwendigen
Uebergänge und Mischfarben: mit blau und gelb die grüne Farbe, mit
blau und roth den Purpur und das Violett und mit gelb und roth die
Orangefarbe. Zuerst wird die blau eingeriebene Platte abgedruckt für
die Contouren und den Hintergrund, dann die gelbe für die zarten Töne
und die Reflexe und zuletzt die rothe zur Belebung des Bildes besonders
in den Fleischpartien. Die schwarze Farbe war also bei Le Blon ganz
ausgeschlossen und darum erscheinen seine Abdrücke gar so weich und
zart verschwommen; bei intensiven Schatten, welche durch einfachen
Ueberdruck nicht zu erreichen waren, hat er schiesslich mit Stichelarbeit
') L'art d'imprimer les tableaux. Traite düzpres les ecrits, les operations et les
instructions verbales de J. C. Le Blon, herausgegeben von Gautier de Montdorge. Paris,
Le Marder, 1756. 8'. Vorher hatte er auf Grundlage von Newton's Optik in London
verdtfentlicht: Colorito or the Harmony of Colouring in Painting. Auch mit französischem
Texte und farbigen Kupfern.