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scharf zwischen der Aquatinta- oder Bistermanier und der Lavis-, Tusch-
oder Aquarellmanier, und der gediegene Kenner und selbstthätige Kupfer-
stecher wird mit dieser Unterscheidung wohl Recht haben. Nur wegen
der häufigen Verbindung beider Techniken auf einem Blatte erlaubt
man es sich heutzutage, beide Arten in einer Classe zusammenzufassen,
wie dies auch von Herrn Ritter im Kataloge unserer Ausstellung ge-
schehen ist.
Die Aquatinta- oder Bistermanier arbeitet im Wesentlichen mit
Platten, auf welchen die Zeichnung zuerst in gewöhnlicher Weise radirt
ist, deren Schattenpartien aber sodann durch Bestäubung mit Pechpulver
und durch neuerliche Aetzung ein außerordentlich zartes Korn in Form
von winzigen Bläschen erhalten. Zur Nachahmung flott getuschter Zeich-
nungen mit keck hingesetzten, scharf abgeschnittenen Schatten ist diese
Aquatintamanier trefflich geeignet, hingegen kann sie zart verwaschene
Uebergänge aus dem Licht zum Dunkel nicht hervorbringen.
Als Erfinder dieser Aquatinta wird allgemein der Franzose Le Prince
(geb. zu Metz 1734.) bezeichnet, welcher zuerst im Jahre 1768 Blätter in
diesem Verfahren veröffentlichte, dessen Geheimniss aber bis zu seinem
Tode t78l bewahrt und dann als ein gutes Erbstück von seiner Nichte
um eine Rente von izoo Livres an den König verkauft wurde. Jeden-
falls nlitzte Le Prince dieses Verfahren zur Reproduction der Sepia-
skizzen von seinen russischen Reisen trefflich aus, welche (im Ganzen
ca. 80 Blätter) besonders beliebt wurden und ihren Schöpfer über alle
seine Concurrenten berühmt machten.
Inzwischen hatte nämlich in Frankreich und anderwärts eine Reihe
von Stechern im Wetteifer rnit Le Prince verschiedene ähnliche Verfahren
erfunden und in Anwendung gebracht, welche zumeist darauf hinaus-
gehen, die feinen Schattenübergänge durch Aufätzen der Platte mittels
aufgepinselter scharfer Flüssigkeiten hervorzurufen. Solches versuchten
die Franzosen Barabe und Delafosse, der Schwede Flodding, der
Holländer Ploos von Amstel, von dern ich bereits gesprochen, und
der Nürnberger Job. Ad. Schweickhard u. A. Schließlich behielt
jedoch die Le Princäsche Aquatinta die Oberhand und die ausgestellten
Arbeiten des Schwaben Johann Gottl. Prestel, seiner Gattin Maria
Katharina Prestel und seines Schülers Anton Radl aus Wien bezeugen
die Trefflichkeit derselben zur Wiedergabe gewisser kräftiger Zeich-
nungsmanieren. .
Die in der vorerwähnten Weise durch aufgepinselte Aetzungen
verbesserte Aquatinta ohne viel Vorätzung nennt man jetzt die Lavis-,
Tusch- oder Aquarellmanier, welche oft mit mehreren Platten und ge-
schickter Nachhilfe von Rolleisen arbeitend, Erzeugnisse liefert, welche die
yollendetsten des ganzen farbigen Kupferdruckes genannt werden können.
Als Erfinder dieser vortreßlichsten Technik, die für den Kupfer-
farbendruck überhaupt in Anwendung kam, gilt der Pariser Kupfer-
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