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Stücke aus den Stufen geschnitten, um die Thürmchen zu bilden; Giebel
werden aufgesetzt u. s. w. Dann folgt die Bekleidung des Ganzen mit
Wachs, zu Plättchen gewalzt und, den einzelnen Flächen angepasst,
sorgsam geschnitten. Fenster bildet der Künstler daran und Säulchen und
Bögen; die Bilder der Apostel und Propheten und vieles Andere von großer
Bedeutung. Bei einer solchen Gelegenheit ist es für uns von hohem
lnteresse, dass der Künstler über gewisse von ihm gefühlte Unzulänglich-
keiten der Darstellungsmittel ganz unbeabsichtigt eine Andeutung macht:
Er ordnet die Anbringung der vier Flüsse des Paradieses an, versinnlicht
durch vier menschliche Figuren mit beigegebenen Urnen, r....quibus
eEundatur quasi species fluentis nqueeu '). Aus diesen Worten ist
unschwer der Sinn herauszuhören, dass das zu bildende metallene Detail
Wasser vorstellen solle, aber freilich - leider - nicht darnach aus-
sehe. Wohl eine beachtenswerthe Aeußerung mittelalterlicher Aesthetik!
Für die Rauchfässer stellt sich Theophilus einen Vorrath aus-Draht
geflochtener Ketten, silberner und kupferner, her. Das ncircumßectere
cum subula in tribus auriculis, vel quatori- etc.; die Methode des Run-
dens und Glättens der fertigen Ketten mittels Durchziehens durch Löcher,
welche mit glühenden Eisen durch Eichen- oder Buchenholz gebrannt
sind; die Befestigung der Kettenenden durch Nägel u. s. w. veranschau-
lichen uns ihre Herstellung als eine Art des Flechtens, welche eigentlich
mit dem Stricken identisch ist.
Die Vorräthe der Klosterwerkstätte bilden auch in materieller Be-
ziehung einen Schatz, dessen Größe eine imponirende genannt werden
muss. Edelsteine und Perlen sehen wir aufgehäuft; Gold und Silber in
Stücken, ausgehämmert zu Zainen und Blechen, zu Draht gezogen u. s. w.
Ferner sehen wir Gold und Silber zu Körnern verarbeitet in der Größe
von Bohnen, Erbsen, Wicken und auch kleiner, kalt geschmiedet mit
Zuhilfenahme einer Vorrichtung, welche ihrem Principe nach stark an
diejenige erinnert, deren sich unsere Nadler zur Befestigung und Rundung
der Stecknadelköpfe bedienen").
Schon allein der Umstand, dass Theophilus Rauchfässer (aus ge-
gossenem Golde herstellt, gibt uns einen Begriff von dem Reichthum
seines Gotteshauses.
Aber auch Geringwerthiges weiß der Künstler zu verwerthen. Hin-
gewiesen sei hier nur auf seine uns bekannte Art, das Kupfer durch Be-
streichen mit Leinöl und Rösten über Kohlen dunkel zu färben und
blank aus dem Grund herausgeschabte Linien zu vergolden "'), oder durch
Eintauchen in geschmolzenes Zinn hell und glänzend hervortreten zu
lassen 1'), ein Verfahren, welches heute wohl eben so gut gepflegt zu
') L. c. cup. LIX.
") L. c. cap. lX: De instrumento quod organnrium dieitur.
"') L. c. clp. LXX.
+) 1.. c. clp. LXXl.