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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 7)

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Es wäre ungerecht, Sevres allein das Verdienst in der besprochenen 
modernen Umgestaltung der Porzellantechnik zuzusprechen. 
Gleichen Schritt mit den Bestrebungen in Sevres gingen auch aus- 
wärtige Fortschritte: so die Arbeiten von Professor Seger, dem vor- 
maligen Vorstande der keramischen Versuchsanstalt an der königl. Por- 
zellanfabrik in Berlin, der ein ähnliches Porzellan, das sogenannte Seger- 
Porzellan, erfand. Mit reich ausgestalteter Decorationstechnik präsentirt 
sich das Seger-Porzellan als vollauf geeignet, mit dem Sevres-Producte 
in Concurrenz zu treten. 
So schuf Alfred Stellmacher in Teplitz mit seinem Elfenbein- 
porzellan eine reizende keramische Neuheit dieser Kategorie. An der 
Ausarbeitung des schönen Materiales und der Decorationstechnik mit 
Scharffeueremailen auf demselben gebührt wohl ein großes Verdienst 
seinem Chemiker, Herrn Bardos, einem ehemaligen Schüler des Laborato- 
riums an der Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterr. Museums. 
Scharffeueremaile eigener Art brachte in den Achtziger Jahren 
Bünzli in Krummnussbaum. 
Vielleicht darf ich an dieser Stelle auch der Versuche unseres La- 
boratoriums der Kunstgewerbeschule erwähnen, ähnliche Emaile für das 
Halbscharffeuer - unseren Brennereimitteln entsprechend und unserem 
böhmischen Hartporzellan angepasst - herzustellen. 
Mit den neuen weicheren Porzellanmassen, beziehungsweise Glasuren, 
konnte man auch gewissen hochgeschätzten chinesischen Specialitäten an 
den Leib rücken, die bis dahin nicht nachzubilden waren. Unter anderen 
den berühmten Seladon-Porzellanen, die die ostasiatische Keramik schon 
in den frühesten Zeiten zu Stande brachte und namentlich der tiefrothen, 
unvergleichlich schönen Glasur - in China Tsihoung, zu deutsch 
nOchsenblutu genannt. 
Die Untersuchungen in Sevres, die bis 1852 unter Ebelmen und 
Salvetas zurückreichen, hatten unzweifelhaft dargethan, dass diese rothe 
Glasur ihre Färbung dem Kupfer verdankt, und zwar ist es metallisches 
Kupfer oder die niedrigste Oxydstufe desselben - das rothe Kupfer- 
oxydul - das da in der Glasur gelöst die Färbung bedingen muss. Es 
handelt sich also um eine Reductionswirkung während des Aufschmelzens 
der Kupferglasur, die nur durch richtige Leitung des Brennprocesses, richtige 
Anwendung einer rußenden, reducirenden Flamme im Ofen zu erzielen ist. 
In der Glasur des Hartporzellans kommt die Farbe aber überhaupt 
nicht zu Stande. Das Kupfer verflüchtigt theils in allzuhoher Glut des 
Scharffeuers, oder aber es löst sich nicht mit der schön rothen Farbe. 
Also auch richtige, weichere Glasurcomposition ist da Erforderniss. 
In China sind die beiden bedingenden Momente empirisch, d. h. 
wohl zufällig gefunden worden. Der schwache Faden, an dem diese 
Empirie dort hing, scheint aber auch schon zerrissen, das Geheimniss 
der Ochsenblutglasur verloren gegangen zu sein.
	        
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