MITTHEILUN GEN
DES
K. K. OESTERREICH. MUSEUMS
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrivft für Kuistgewerbe.
Herausgegeben und redigirt durch die Direction den k. k. Oesterr. Museums.
lm Commissionsverlng von Carl Gerold's Sohn in Wien.
Abonnementspreis per Jahr B. 4.-
Nr. 67. (3io.) WIEN, Juli 189:. N. F. VI. Jahrg.
lnhnlt: Die Ausstellung orientalischer Teppiche im k. k. Oesterr. Handelsmuseum. Von Alois Riegl.
(Schluss) - Sevres und das moderne Porzellan. Vnn Dr. F. Linke. (Schluss) - Angelegen-
heiten des Oesterr. Museums und der mit demselben verbundenen Institute. - Lilteraturbericlrt. -
Bibliographie des Äunstgewerbes. - Notizen.
Die Ausstellung orientalischer Teppiche im k. k.
Oesterr. I-Iandelsmuseum.
Von Alois Riegl.
(Schluss)
Hat sich das kryptogrammatische Kriterium in Bezug auf das Genre
"Susandschirdu wenig bewährt, so wird man auch in anderen Fällen, in
denen dasselbe bisher zur Anwendung gebracht wurde, Vorsicht obwalten
lassen müssen. Es gilt dies insbesondere von einem Teppich des Herrn
Th. Graf, wozu W. Bode ein in allem Wesentlichen identisches Exemplar
eingesendet hat. Das Charakteristische und Seltsame dieser beiden Tep-
piche beruht in breiten, starren, rohen Bändern, von denen die einzelnen
Compartimente umzogen sind, und in wunderlich stilisirten Thieriiguren,
die in der sonstigen orientalischen Teppichornamentik anscheinend ihres-
gleichen nicht finden. Man warnun geneigt, den steifen, unschönen
Charakter der Linienführung für archaisch zu halten, und hat auf Grund
kryptograrnmatischer Bestimmung der Thieriiguren als Herstellungsort
des GraPschen Teppichs eine syrische Stadt, als Zeit das 13. Jahrhundert
feststellen zu können geglaubt. Worauf sich die ähnliche Rückdatirung
des Bode'schen Teppichs stützt, ist mir unbekannt geblieben. Analogien
aus anderen Gebieten der sarazenischen Kunst des 13. Jahrhs. (Seiden-
Weberei, Holzschnitzerei, Metallarbeiten) beizubringen wird man kaum in
der Lage sein. Man hat zwar im Allgemeinen auf angeblich ganz nahe-
Jahrg. r89!. 9