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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 6 
Vennitzer, die für Wien interessanten Blätter für den 
Propst Melchior Khlesel, den Historiographen Dr. med. 
Wolfgang Lazius, das Schottenstift und die freiherrl. 
Familie von Windhag, deren Bücherschätze der Wiener 
Universitätsbibliothek einverleibt wurden. 
In der dritten Abteilung (18. Jahrhundert) begegnen 
wir hübschen Blättern von Chodo wieck i, Johann 
Andreas Pfeffel, den Brüdern Heinrich und Johann 
Wilhelm Meil, Johann Esaias Nilson, Martin 
Tyr off etc., Repräsentanten des zierlichen Rokoko- 
und englischen Chippendale-Stiles, reizenden Darstellun 
gen von Bibliothekinterieurs und symbolisierenden 
Allegorien. Hier ist auch das Ex libris des italienischen 
Dichters A 1 f i e r i zu sehen. 
Wenig künstlerisch Erfreuliches bietet die vierte Ab 
teilung, die die Zeit von 1800—1870 umfaßt. Dagegen 
nehmen die Namen der Ex libris-Besitzer unsere vollste 
Aufmerksamkeit gefangen. Wir finden hier das Ex libris 
des Begründers des Altkatholizismus Ignaz von Döl- 
1 i n g e r, das von Goethe gestochene Blatt für Käth- 
chen Schönkopf, das Bucheignerzeichen des Goethe 
forschers Zarncke, das Ex libris Schopenhauers, 
des Feldmarschalls Grafen Radetzky und viele 
andere. 
Die politischen Ereignisse der Jahre 1870 und 1871, 
die den Deutschen die lang vermißte Einigung brachten, 
übten auf das ganze geistige und kulturelle Leben dieses 
Volkes den mächtigsten Einfluß aus. Diese Wiedergeburt 
blieb auch nicht ohne Einfluß auf die deutsche Kunst, die 
sich wie mit einem Schlage von der Geschmacklosig 
keit der vorangegangenen zwei Jahrzehnte befreite. 
Allenthalben beobachten wir ein Zurückgreifen auf 
alte, gute Sitten und bei dem Bestreben, selbst die un 
scheinbarsten Gegenstände des Alltagslebens künst 
lerisch auszuschmücken, nimmt es uns nicht wunder, daß 
auch dem Ex libris und mit ihm der graphischen Klein 
kunst erhöhte Beachtung geschenkt wurde. 
Diese Epoche führt uns die Abteilung 5 der Ausstel 
lung vor Augen. Vorn Prof. Emil D o c p 1 e r d. J. in Ber 
lin angefangen, mit dessen Blättern für den Schriftsteller 
Dr. I J aul Lindau und den Neuerwecker der Ex libris- 
Sitte Friedrich Warnecke, die neue Ex libris- 
Bewegung einsetzt, finden wir alle Künstler, die für die 
wiedererwachte Ex libris-Sitte richtunggebend auftraten, 
vertreten, so den bekannten Hof- und Wappenkunst 
maler Ernst K r a h 1 in Wien (12 Originalentwürfe und 
3 Rahmen mit zusammen 32 Blättern), Lorenz M. 
R heud e, München, Otto Hupp, Schleißheim, Prof. Ad. 
M. H i Ld e b r a n d t, Berlin. Ais zeitgenössische Reprä 
sentanten englischer und amerikanischer Kleinkunst 
treten uns Sherborn und E. D. Frcnch gegenüber. 
Aeußerst lehrreich für den Laien ist die Kollektiv 
ausstellung Franz A n d e r 1 e, der uns aus seiner wert 
vollen, 12.000 Blatt umfassenden Sammlung einige Spe 
zialitäten vorführt: Typographische Ex libris, Mono- 
gramm-Ex libris, Redende Ex libris, Spruch-Ex libris 
und Ex libris berühmter Persönlichkeiten. Ihm schließt 
sich Frau Josefine Le ebner (Wien) an, deren Samm 
lung moderner Fiirsten-Ex libris einen Anziehungspunkt 
der Ausstellung bilden dürfte. 
Nachdem wir noch einen Blick auf die in Vitrinen 
ausgestellten Superlrbros geworfen haben, begeben wir 
uns in den ersten Stock, der den modernen Teil der Aus 
stellung beherbergt. 
In pietätvoller Weise räumte die Ex libris-Gesell- 
schaft den ersten Platz den Werken ihres unvergessenen 
langjährigen Vorstandes des Hofrates Moritz von W ei t- 
t e n h i 11 e r ein, die das Mittelmaß guter Dilettanten 
arbeiten weit überragen. 
Wollten wir versuchen, auch nur ein annäherndes 
Bild des nun folgenden, interessanten Materials zu ent 
werfen, so müßten wir den Katalog der Ausstellung ab 
schreiben. Denn in 120 Vitrinen und Rahmen sind hier 
fast alle hervorragenden Ex libris-Meister der Gegen 
wart in ihren Werken vereinigt. Wahllos wollen wir 
wenigstens die am auffälligsten vertretenen Künstler 
nennen und müssen es unseren Lesern überlassen, sich 
ein Urteil über die hier aufgestapelten Kunstschätze zu 
bilden, zumal jede Kunstrichtung und jede Technik be 
rücksichtigt erscheint und jeder Geschmack auf seine 
Rechnung kommen dürfte. 
Von Wiener Künstlern fallen uns zunächst die 
Blätter des Altmeisters unter den österreichischen 
Radierern, William U n g e r, auf, ferner die Arbeiten von 
Coßmann, Schmutzer, We.semann, Roth- 
aug, Steininger, Hans Frank, Tauschek, 
Lieben wein und Bayros, die durchwegs Vorzüg 
liches bieten. 
Aus den übrigen Kronländern unserer Monarchie 
begegnen wir unter anderen hervorragenden Blättern 
von Luigi Casirnir, Max E s t e r 1 e, Horatio Gaig- 
h e r, Max H ö n i c h, Georg J i 1 o v s k y, Ottokar 
Stäfl (75 Blätter in verschiedenen Techniken) und 
Hugo Steiner. 
Den österreichischen Künstlern, obwohl sie sich des 
besseren Vorwärtskommens wegen im Deutschen Reiche 
heimisch gemacht haben, sind zuzuzählen: Alois Kolb, 
Emil O r 1 i k, Käthe Schönberger-Olshausen 
(derzeit in Kamerun), und Mathilde Ad e, die bekannte 
Künstlerin der »Meggendorfer Blätter«, deren poesie 
volle Ex libris uns oft an Märchenträume der Jugend er 
innern. 
Deutschland, von wo aus die neuzeitliche Ex libris- 
Bewegung ihren Ausgangspunkt nahm, stellt naturgemäß 
glänzende Repräsentanten in die Schranken: Max K1 i n- 
g e r, Otto G r e i n e r, Heinrich Vogeler (hand 
signierte Radierungen auf Atlas), Hans Volkert, 
Hubert W i 1 m, Hans Thom a, Josef Sattler, Eduard 
v. Gebhard t, Felix H o 11 e n b e r g, Heinrich Kley, 
Julius Dietz, Bernhard Wenig, Rudolf Schiestl, 
Wilhelm Busch, Bruno Heroux, Hans Bastan- 
n i e r, Otto Ubbellohde, Otto B 1 ü m e 1, Otto Eck 
mann, Willi Geiger und viele andere. 
Auch die Werke der Schweizer: Eritz Mock, 
Alfred Peter, Alfred S o d e r, Albert W e 11 i, Ernil 
Anner-Brugg, Max Bucherer und Hermann 
H i r z e 1 verdienen vollste Beachtung. 
Wenn wir schließlich auf die Ex libris des Spaniers 
R i q u e r, des Belgiers Rassenfosse (Schüler von 
F. Rops), des Russen Somoff, der Amerikaner Cham 
bers und Smith, der Engländer Bell, C r a i g und 
Walter Crane, sowie des in Kopenhagen lebenden 
Italieners Stella aufmerksam machen, so glauben wir 
das Bedeutendste aus dieser Abteilung hervorgehoben zu 
haben. 
Künstler und Sammler haben sieb vereinigt, um der 
Wiener Ex libris-Ausstellung zu einem vollen Erfolge zu 
verhelfen. Das kunstsinnige Wiener Publikum wird sich 
gewiß die seltene Gelegenheit, die gediegensten Werke 
graphischer Kleinkunst kennen zu lernen, nicht entgehen 
lassen.
	            		
Nr. 6 Internationale Sa rn rn 1 e r - Z e ; t u n g. Seite 83 Eine interessante Autographenauktion. Mit dem zweiten Teil der Autographensammlung Nering-Bocgel verbindet das Antiquariat Leo Licp- m annssohn in Berlin die Versteigerung von Autographen aus dem Nachlasse Josef Viktor Widmanns und von Musik- manuskripten aus den Nachlässen des Münchener Hoftheater- dircktors Felix Mottl und des Hoforganisten A. W. Qott- s c h a 1 g. Geradezu erstaunlich ist die Fülle von Autographen aus Weimars größter Zeit. Goethe ist mit einem Dutzend Nummern vertreten, worunter sich das Original des Dank stände berief, dann sogleich, wie von einem furchtbaren Geiste gewarnt, Ihr Kommen abrieth und gerade zur rechten Stunde. Denn hätte ich diesen Brief nicht geschrieben, so wären Sie mit in den 14. Oktober verwickelt worden. Doch auch das wäre vorüber, wie jetzt manches einzelne vorübergeht, machte uns nur das, was am Zustande dauernd ist, nicht soviel dulden. ... Der Sturm, der uns betraf, ging schnell vorüber, und die Folgen sind für uns keineswegs so drückend wie für andere, ja nächstbenachbarte.« Am Schlüsse sagt er: »Wie wunderlich haben wir gleichzeitig uns heraufgewöhnt uild heraufgespielt. Fig. 1. Grillparzer. Photographie seines Zimmers mit eigenhändiger Unterschrift. (Verkleinert.) gedichtes befindet, das er 1825 zu seinem fünfzigsten Geburts tag faksimiliert an seine Freunde sandte und das, wie folgt, lautete: »Meinen feyerlich Bewegten Mache Danck und Freude kund. Das Gefühl das Sie erregten. Schließt dem Dichter selbst den Mund.« (Goethe.) Außerordentlich interessant ist ein bisher ungedruckter Brief an den Historiker G. Sartorius von Waltershausen der von Goethe wohl unterschrieben ist, aber die Handzüge Riemers aufweist. Im Eingänge spricht er von dem 14. Oktober 1806, dem Tage der Schlacht von Jena, an welchem Weimar die schmähliche preußische Retirade mitansehen mußte und Goethe selbst in Lebensgefahr geriet, die noch rechtzeitig Christiane Vulpius durch ihre Geistesgegenwart von ihm ab wendete. »Wie manchmal habe ich der Zeit gedacht, in der ich Sie, mit Hoffnung und doch mit wenig Zutrauen, auf die Urn- Die neueste Generation wird heraufgedroschen. Es kann auf diesem» Wege auch was mit ihnen werden.« Derartige Aeußerungen, wie die letzten, sind bei Goethe sehr selten und in hohem Maße interessant, da er sich bekannt lich in allem, was irgendwie die Politik und mit ihr wesens- verw'andte Gebiete berührte, die größte Zurückhaltung aufer legte. Von Schiller finden wir einen Brief an Göschen, der auf die prekäre pekuniäre Lage des Dichters ein helles Licht wirft. »Meine Finanzen,« schreibt Schiller, »sind ganz auf dem Sande und die Weihnachtsfeiertage nähern sich, wo ich vielerlei ansehnliche Ausgaben zu machen habe. Ich bin Wirklich in ziemlicher Verlegenheit und meine einzige Ressource sind Sie! Wenn Sie mir für 5 oder 6 Bogen Honorarium voi schießen wollen, so reißen Sie mich aus meiner großen Be unruhigung und erweisen mir einen großen Dienst!« Ein anderer Brief Schillers, an Gottfried Körner ge richtet, betrifft deren gemeinsamen Jugendfreund Ludwig Fer-
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