stehende Seidenstoffmuster hingewiesen ; in den zugänglichen Publicationen
ist aber derlei nirgends zu finden, und der Charakter der anerkannt sara-
zenischen Stoffmuster des 13. Jahrhunderts ein wesentlich anderer. Die
Stilisirung der Thierßguren an den beiden in Rede stehenden Teppichen
weist vielmehr auf ein ganz bestimmtes Kunstgebiet hin, das nachweislich
und zweifellos zur persischen Teppicherzeugung vielfache Beziehungen
gehabt hat, nämlich das chinesische. Die von der geschwungenen per-
sischen und selbst von der gebrochen verlaufenden vorderasiatischen
Rankenführung so hässlich abstechende Linienführung an jenen beiden
Teppichen ist auch weit eher denkbar etwa in einer Grenzlandschaft,
die sich nur unvollkommen und missverstanden die allerdings als latente
Grundlage auch in diesen Fällen nicht zu verkennende orientalische
Teppichornarnentik zu eigen gemacht hat, als in einer Stadt des nörd-
lichen Syrien im 13. Jahrhundert. Um archaischen Charakter in der
Roheit zu erblicken, muss man eben einerseits die historische Wurzel
der orientalischen Teppichornamentik, soweit sie nicht von rein geome-
trischen Motiven bestritten wird, verkennen, anderseits die Teppich-
ornamentik als ein ganz isolirtes Gebiet ansehen, das mit der übrigen
Entwickelung der orientalischen Ornamentik nichts Wesentliches ge-
meinsam hatte.
Hiemit haben wir bereits einen Factor erwähnt, der in der Geschichte
der orientalischen Teppichornamentik - und sagen wir gleich: der orien-
talischen Kunst überhaupt, denn es empfiehlt sich der willkürlichen
Trennung und Isolirung beider Gebiete, von denen das erstere ja doch
nur ein integrirender Bestandtheil des letzteren ist, ein Ende zu machen
- eine überaus bedeutsame Rolle spielt. Es ist eines der wichtigsten
und augenfälligsten Ergebnisse dieser Ausstellung: die Rolle, die der
chinesische Einfluss in der Geschichte der orientalischen Teppich-
ornamentik gespielt hat, in's volle Licht lgesetzt zu haben. Wir kennen
eine ganze Reihe sarazenischer Kunstwerke etwa vom 9. bis zum 14. Jahr-
hundert: chinesischer Einfluss ist daran fast nirgends wahrzunehmen. Und
zwar sind darunter nicht blos westsarazenische Arbeiten, aus Syrien und
Aegypten, Spanien und Sicilien, sondern auch unzweifelhaft persische
Metallarbeiten, die wir als einer localen Herkunft mit den späteren per-
sischen Kunsterzeugnissen unmittelbar mit diesen vergleichen dürfen. Nun
findet sich an jenen unzweifelhaft persischen Metallarbeilen mit Ausnahme
einiger geometrischer, mäanderartiger Motive, die ihrer primitiven Natur
halber nur mit Vorsicht auf historische Zusammenhänge zurückgeführt
werden dürfen, kein einziges Motiv, das als unmittelbare Vorstufe der
an den persischen Arbeiten des 16. Jahrhunderts uns neu entgegen-
tretenden chinesirenden Motive angesehen werden könnte. Die Orna-
mentik jener Metallarbeiten zeigt unter den Thieren noch keine chine-
sischenVögel, Drachen und Khilins, unter den vegetabilischen Motiven noch
keine Lanzettblätter mit vorguckenden Rosetten. Zwischen dem 14.. und