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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 8)

lerisch veranlagte Naturen sich in jugendlichen Jahren zur Darstellung 
epischer Stoffe hingezogen fühlen, finden wir bereits den Knaben Le Brun 
auf eminent decorativem Gebiete beschäftigt. Die Keime dieser Neigung 
wurden in ihrer weiteren Entwickelung gewiss nicht unterbrochen, als 
Le Brun mit 15 Jahren seinen ersten Kunstunterricht bei Vouet erhielt. 
Eben ist Vouet mit der Leitung der Decoration der königlichen Schlösser 
beschäftigt, und an den Wänden des Ateliers hängen die Cartons, welche als 
Vorlage für Wandteppiche des Hofes dienen sollen. Hier lernt Le Brun 
große Flächen bedecken, und eine decorative Gesammtwirkung hervor- 
bringen. Hier übt er sich im Componiren und überwindet allmälig die 
technischen Schwierigkeiten seines Berufes. Was sich auf dem Gebiete der 
Malerei lernen lässt, das sucht sich Le Brun mit hingebendem Eifer zu 
erwerben. Von diesem Streben sind auch seine Lehrjahre in Rom noch 
ausgefüllt. Wenn er sich hier hauptsächlich von Carracci angezogen fühlt, 
wenn die Decoration des Palazzo Farnese auf die Phantasie des Künstlers 
den größten Eindruck macht, wenn hauptsächlich die Bologneser seinen 
Beifall finden, so dürfte der Grund dieser Erscheinung nicht allein in der 
künstlerischen Eigenart Le Brun's, sondern auch im Geschmacke der Zeit 
seine Erklärung finden, umsomehr als er sich auch das Studium RaEaels, 
namentlich in den Stanzen auf das eifrigste angelegen sein lässt. 
Merkwürdig ist es, wie sich Le Brun gegenüber der Antike ver- 
hielt. Er studirte hauptsächlich die verschiedenen Gebräuche, das Costüm, 
Friedens- und Kriegsübungen, Aufzüge, Schlachten und Triumphe, er 
zeichnet mit Vorliebe Helme, Feldzeichen, Schilde, Waffen und Gegen- 
stände des Cultus. 
Mächtig förderten des Künstlers weitere Entwickelung mehrfache äußere 
Erfolge, die ihm nach seiner Rückkehr in die Heimat alsbald eine her- 
vorragende Stellung unter seinen Berufsgenossen zuwiesen. So vor Allem 
sein hervorragender Antheil an der Gründung der Akademie, und die 
Uebernahme des Unterrichtes an der Schule daselbst, als deren erster 
Lehrer Le Brun 1648 eingesetzt wurde. Le Brun's Name wurde dadurch 
rasch bekannt. Zu den ersten Arbeiten, die den Künstler über die Grenzen 
seines speciellen Faches führten, gehört der Entwurf des Tabernakels in 
der Carmeliter-Capelle zu Paris. Derselbe stellt die Bundeslade dar, ge- 
schmückt mit Reliefs, symbolischen Thieren und Cherubim. Pariser 
Goldschmiede wurden mit der Ausführung desselben betraut. 
Le Brun's Wunsch ging nun hauptsächlich dahin, ein decoratives 
Ensemble zu schaffen. In diese Lage scheint er zum ersten Male um 1549 
gekommen zu sein, als er von Nicolaus Pomponius von Bellievre den 
Auftrag erhielt, im Palais der Präsidenten ein Zimmer zu decoriren. 
Le Brun wählte, dem Zeitgeschmack entsprechend, einen antiken Stoff 
lphigenie in Aulis, malte auch, wie Nivelon erzählt, Juno, Iris, Minerva, 
Victoria und den Ruhm. Ferner machte er dort vier Basreliefs in Blau 
und Gold, welche die vier Weltalter, das goldene, silberne, eherne und
	        
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