4,5?
Le Brun und das französische Kunstgewerbe.
Von Jos. Folnesics.
(Schluss)
Am 13. November 1658 bezog Le Brun den neuen Schauplatz
seiner Thätigkeit. Er erhielt 12.000 Livres Jahresgehalt und überdies
Bezahlung aller Arbeiten, die er selbst ausführen werde, zugesichert.
Eine Reihe von Künstlern stand unter seiner Oberleitung, die Bild-
hauer Michel Magnan und Nicolas Legendre, die Ornamentisten Lemort
und Girardon, sowie viele Andere. Acht Räume des Schlosses schmückte
Le Brun mit seinen eigenen Malereien. - Fouquet wollte auch seine
eigene Gobelinfabrik besitzen. Sie wurde in Maincy bei Vaux-le-Vicomte
errichtet und beschäftigte einige hundert Arbeiter aus Flandern und
Frankreich, welche alle der Direction von Le Brun unterstellt wurden.
Le Brun's Verdienst auf diesem Gebiete besteht aber nicht allein darin,
dass er eine Anzahl prächtiger Cartons für die Tapetenwirkerei entwarf,
sondern beruht hauptsächlich darauf, dass er es auch verstand, den
Franzosen gegenüber den Flamändern Vertrauen in ihre Arbeit einzu-
flößen und der Gobelinsfabrication nach und nach einen nationalen Cha-
rakter zu verleihen. Die Fabrik von Manicy gab ihm Gelegenheit, sich
nach und nach zum Chef einer Industrie auszubilden und sich in eine
Stellung einzuleben, welche organisatorisches Talent, ruhelose Wach-
samkeit und einen methodisch denkenden Geist erforderte.
Die Ausstattung des Schlosses ging indess gegen den Sommer 166i
ihrer Vollendung entgegen, und es kamen die hohen Besuche von Nah
und Fern. Mazarin kam, lernte Le Brun kennen und verfehlte sicherlich
nicht, das Talent des Künstlers vor Anne d'Autriche, der Königin-Mutter,
hervorzuheben. Es kam denn auch die Königin selbst und ihr Sohn
Ludwig XIV., endlich Henriette de France, die Königin von England.
Alle Reize, welche das Schloss besaß, wurden entfaltet; es wurde Theater
gespielt, man besichtigte die Brunnen, Grotten und künstlichen Wasser-
fälle, den Park, die Malereien und sonstigen Kunstwerke der Apparte-
ments, und jede neue Sehenswürdigkeit ward immer wieder ein neuer
Triumph flir Le Brun, ihren Schöpfer.
War auf solche Weise die Position des Künstlers bei Hofe gut vor-
bereitet, so wurde sie durch den ersten größeren Auftrag, den er vom
König erhielt, alsbald auch fest begründet. Er hatte ein großes Gemälde:
wDie Könige von Persien zu Füßen Alexander's: auszuführen. Da zeigte
es sich deutlich, wie seine reiche Veranlagung, seine fein berechnete Auf-
fassung ihn zum glücklichsten Interpreten der königlichen Phantasien be-
fähigte. Le Brun errang mit diesem Bilde den vollen Beifall Ludwig XIV.
Er erhielt den Titel v-Premier Peintreu, verbunden mit einem jährlichen
Gehalt von 1200 Livres, bald darauf erhob ihn Ludwig XIV. in den
Adelstand und machte ihn zum Oberaufseher der Zeichnungen und Ge-
mälde des Königs. Endlich wurde der Künstler zum Director der könig-