compositionen von einer Lüsternheit, dass eine anständige Dame sie nicht
in die Hand nehmen könnte. Wer die diesjährige Ausstellung in München
gesehen hat, darf sich freilich nicht darüber wundern, dass auch die
Fächermalerei vielfach von Gedankenlosigkeit und dem Gegentheil von
Feinheit beherrscht wird. Vortreffliches sah man in Blumen, Stickereien
(z. B. von der Kunststickereischule in Karlsruhe) und Spitzen, und zwar
moderne Arbeiten, während ein französischer Fächer aus dem Anfang
des Jahrhunderts eine aus einer größeren Spitze herausgeschnittene phan-
tastische Architektur in Verbindung mit bunten Putten aus Papier zeigte!
Großen Beifall und Absatz haben die eingelegten Arbeiten aus
Bosnien gefunden.
Der wegen des damit getriebenen Missbrauches so ziemlich außer
Uebung gekommene Ausdruck vElite-Ausstellungn würde dieser wohl
zukommen. B. Bucher.
Das Darstellnngsgebiet der modernen Grabsculptur.
Von Karl Masner.
(Fortsetzung)
Zwischen den zwei Extremen, welche der Obelisk und das gothi-
sirende Grabmal bezeichnen, finden wir eine Reihe von Typen, welche
moderne Anschauung und religiöses Empfinden zu verbinden suchen.
Auch sie sind in ihrer Halbheit sehr bezeichnend für die Halbheit der
Menschen, deren Andenken sie auf die Nachwelt bringen sollen. Bei
dieser Gattung von Denkmälern spielt der Engel eine hervorragende Rolle.
Der geflügelte Genius ist an sich weder specilisch heidnisch noch spe-
cifisch christlich, er schielt nach beiden Seiten hin und man kann ihn
obendrein nach Belieben durch entsprechende Attribute mehr nach dieser
oder jener Seite hin charakterisiren. Er ist in seiner Unentschiedenheit
der beste Ausdruck für die Unklarheit der Gedanken über Tod und
Jenseits, und hat zugleich in seiner stimmungsvollen Sanftmuth, sowie
in seiner Vieldeutigkeit als Symbol der Unschuld, der Seele, des Todes
u. s. w. jenen vagen Inhalt und jene Allgemeinheit, die Vielen der will-
komrnenste Ausdruck ihrer Stimmung ist. Die meisten von diesen Engeln,
die in allen Größen auf den Gräbern stehen, sind schlechteste Steinmetz-
arbeiten, die unsere Friedhöfe geradezu zu einem Orte des Gräuels für
ein kunstempfängliches Auge machen. Man möchte Angesichts dieser Er-
zeugnisse, die nicht urn ein Haar besser sind als diejenigen, welche vor
4.0 oder 50 Jahren in einer Periode vollständigen Niederganges der Kunst
verfertigt wurden, nicht glauben, dass seither fast drei Decennien rast-
losen und erfreulichen Fortschrittes auf dem Gebiete der Kunst und_
Kunstindustrie vorübergegangen sind. Es liberkörnmt einen ein Gefühl
der Befreiung, wenn man nach all" diesem charakterlosen Zeug endlich
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