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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 10)

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Fugen der regelmäßigen Ziegellagen geben dem Ganzen ein sehr indivi- 
duelles Gepräge. Die Fugen sind übrigens mit Beihilfe eines steinharten 
Mörtels so fest geschlossen, dass es nicht möglich ist, eine Messerklinge 
auch nur ein paar Millimeter tief dazwischen zu bringen. Füllnrnamente, 
freistehende oder in mehr oder minder hohem Relief ausgeführte Figuren, 
zahlreich und mitunter in Exemplaren von bedeutender Größe verwendet, 
sind bestimmt in den Umrissen und von scharfen Formen; nirgends trifft 
man die sattsam bekannte Lebkuchenfactur, welche gerade bei der so 
außerordentlich bildsamen Terracotta alle künstlerische lndividualisirung 
zerstört. Dern Bedürfnisse nach farbiger Wirkung wird in jedem wün- 
schenswerthen Grade durch die farbig emaillirten Terracotten und durch 
die nach verschiedenen Methoden hergestellten farbigen Fliesen entspro- 
chen und damit zugleich der praktische Beweis erbracht, dass es keines- 
wegs an Mitteln fehlt, eine dem zerstörenden EinHusse der Atmosphärilien 
völlig widerstehende Decorationsmethode von classischer Vollkommenheit 
in Anwendung zu bringen. 
Die technischen Eigenthümlichkeiten der in England fabricirten Gat- 
tungen von Fliesen sind zu sehr bekannt, als dass sie hier erst besonders 
hervorgehoben werden müssten. Dies gilt auch von den allenthalben an- 
zutreffenden Fußbodenplatten, welch' letztere wohl auf dem Continente, 
in Oesterreich speciell zu Wien, ferner im nördlichen Böhmen in gleicher 
Vollkommenheit erzeugt, leider aber nicht so ausgiebig als in England 
verwendet werden. Geradezu ohne Vergleich steht die massenhafte Ver- 
wendung farbig decorirter tiles zum Zwecke der Innendecoration da, 
wie man sie insbesondere in London allenthalben zu bemerken Gelegen- 
heit ündet. Die eifrige Förderung dieser in mehr als einer Beziehung 
äußerst vortheilhaften Art der Wandverkleidung wäre gewiss auch auf 
dem Continente von Wichtigkeit. Das Beispiel eines größeren lnterieurs, 
welches ausschließlich der keramischen Kunst seinen Schmuck ver- 
dankt, findet sich bekanntlich im großen refkeshment room des South 
Kensington-Museums, mit gemusterten Fußbodenplatten aus Thon, ge- 
stiefelten Säulen aus emaillirter Terracotta, glasirten Wandfliesen, die 
Flächen der Decke zusammengesetzt aus weiß emaillirten Thonplatten, 
geschmückt mit zierlicher Blaumalerei. Nicht minder bemerkenswerth ist 
das zunächt gelegene (sogenannte della Robbia-) Stiegenhaus als eine 
ausschließliche Schöpfung der Keramik. Die wichtigste der Heizvorrich- 
tungen Englands, der Kamin, gibt allein schon den Anlass zu bedeu- 
tender Entwickelung keramischer Arbeit; auch indirect, da die meisten 
der rein decorativen Stücke der Gefäßbildnerei als zu den chimney- 
pieces gehörig zu betrachten sind. Die zahlreich in Gebrauch genom- 
menen Lavabo's, die Wandbrunnen, die Badeeinrichtungen u. s. w. stellen" 
weiters dem Keramiker sehr dankbare Aufgaben. 
Auf den Zusammenhang der Entwickelung der englischen Keramik 
mit der hoch entwickelten Gartenkunst, der Blumencultur im Freien und 
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