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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 12)

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aus Birnholz hergestellt. Was an diesem Object besondere Originalität 
aufweist, ist die Art der Ornatnentirung, Vdie in einem reichen, doch 
zierlichen, aufgelegten Cartouchenwerk aus geschnitztem Elfenbein besteht, 
in Verbindung mit passend zugeschnittenen Steinen, Lapislazuli, Achat 
u. dgl. coloristisch belebt; die Birnholzleistchen sind mit Türkisen besetzt. 
Wessen Gedanken werden hier nicht unschwer auf die so vollkommen 
geschliffenen böhmischen Glasflüsse, wie sie heutzutage in Gablonz erzeugt 
werden, gerichtet? Ein einzelnes Möbel von geringen Dimensionen, durch 
solche farbige Körper in fein abgewogener Anordnung belebt und berei- 
chert, würde manchem Raume zum Vortheile dienen. Leider liegt es im 
Wesen unseres modernen Geschäftsbetriebes, dass die maßvolle Verwen- 
dung eines Decorationsmittels fast ganz ausgeschlossen erscheint. Ist nur 
einmal durch die Vorführung erfolgreicher Versuche, wie solcher der eben 
angedeuteten Arbeiten, die geschäftliche Speculation gereizt, so steht auch 
zu erwarten, dass schon in nächster Zeit der Missbrauch sein Wesen 
treibt und die lebensfähigste Werkweise, zu Tode gehetzt, in kürzester Zeit 
spurlos vom Schauplatze verschwindet. Bei solchen Zuständen nach dem 
Rechten zu sehen, wäre nur das gebildete Publicum selbst im Stande. 
Von Verfahren günstigen decorativer Wirkung, welche fast mühelos 
zu bewerkstelligen sind und deren Ergebnisse dabei in mannigfaltigster 
Art Verwerthung finden könnten, sollen hier noch zum Schlusse ein paar 
namhaft gemacht werden. 
Ein einfacher, mit einem Klappdeckel versehener Kasten, im West 
cloister der Sammlung aufgestellt, zeigt eine so vollkommene Farben- 
wirkung, Flächen von so harmonischen, dunklen, warmen Tönen, dass 
er wohl jedem {der Besucher inmitten der reichen Fülle von Objecten 
vor Allem bemerkbar werden muss. Wir finden dabei die Notiz: 
Deutsch, frühes 16. Jahrhundert. Soll die Angabe der Provenienz ihre 
Richtigkeit haben, was immerhin möglich erscheint, so dürfte die Zeit 
der Entstehung nicht gar zu früh angegeben werden. Die völlig glatten, 
dunklen Flächen des Kastens sind nämlich rnit breiten, aus Eisenblech 
durchbrochen gearbeiteten Beschlägen fast vollständig bedeckt, welche 
ganz den Charakter der orientalisirenden venetianischen Ornamentik zeigen, 
die erst im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts nach deutschen Städten 
verpflanzt wurde. Diese Eisenbeschläge, im Laufe der Zeit bräunlich oxydirt 
und von ziemlich glatter Oberfläche, sind mit verschiedenfarbigem Sammt 
unterlegt und durch Nieten mit halbrunden Köpfen festgehalten. Die 
Farben des Sammtes sind: Gelblichweiß, Purpur, ferner ein warmes 
Grün in drei Schattirungen. Die technische Herstellung eines solchen 
Gegenstandes bietet, wie leicht ersichtlich, gar keine Schwierigkeiten; 
und dennoch ist damit die Möglichkeit gegeben, in unendlich reicher 
Abwechselung Fnrben- und Formencombinationen der vollkornmensten 
Art zu erzielen. Das freieste Schaffen findet hier den größten Spielraum.
	        
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