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aus Birnholz hergestellt. Was an diesem Object besondere Originalität
aufweist, ist die Art der Ornatnentirung, Vdie in einem reichen, doch
zierlichen, aufgelegten Cartouchenwerk aus geschnitztem Elfenbein besteht,
in Verbindung mit passend zugeschnittenen Steinen, Lapislazuli, Achat
u. dgl. coloristisch belebt; die Birnholzleistchen sind mit Türkisen besetzt.
Wessen Gedanken werden hier nicht unschwer auf die so vollkommen
geschliffenen böhmischen Glasflüsse, wie sie heutzutage in Gablonz erzeugt
werden, gerichtet? Ein einzelnes Möbel von geringen Dimensionen, durch
solche farbige Körper in fein abgewogener Anordnung belebt und berei-
chert, würde manchem Raume zum Vortheile dienen. Leider liegt es im
Wesen unseres modernen Geschäftsbetriebes, dass die maßvolle Verwen-
dung eines Decorationsmittels fast ganz ausgeschlossen erscheint. Ist nur
einmal durch die Vorführung erfolgreicher Versuche, wie solcher der eben
angedeuteten Arbeiten, die geschäftliche Speculation gereizt, so steht auch
zu erwarten, dass schon in nächster Zeit der Missbrauch sein Wesen
treibt und die lebensfähigste Werkweise, zu Tode gehetzt, in kürzester Zeit
spurlos vom Schauplatze verschwindet. Bei solchen Zuständen nach dem
Rechten zu sehen, wäre nur das gebildete Publicum selbst im Stande.
Von Verfahren günstigen decorativer Wirkung, welche fast mühelos
zu bewerkstelligen sind und deren Ergebnisse dabei in mannigfaltigster
Art Verwerthung finden könnten, sollen hier noch zum Schlusse ein paar
namhaft gemacht werden.
Ein einfacher, mit einem Klappdeckel versehener Kasten, im West
cloister der Sammlung aufgestellt, zeigt eine so vollkommene Farben-
wirkung, Flächen von so harmonischen, dunklen, warmen Tönen, dass
er wohl jedem {der Besucher inmitten der reichen Fülle von Objecten
vor Allem bemerkbar werden muss. Wir finden dabei die Notiz:
Deutsch, frühes 16. Jahrhundert. Soll die Angabe der Provenienz ihre
Richtigkeit haben, was immerhin möglich erscheint, so dürfte die Zeit
der Entstehung nicht gar zu früh angegeben werden. Die völlig glatten,
dunklen Flächen des Kastens sind nämlich rnit breiten, aus Eisenblech
durchbrochen gearbeiteten Beschlägen fast vollständig bedeckt, welche
ganz den Charakter der orientalisirenden venetianischen Ornamentik zeigen,
die erst im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts nach deutschen Städten
verpflanzt wurde. Diese Eisenbeschläge, im Laufe der Zeit bräunlich oxydirt
und von ziemlich glatter Oberfläche, sind mit verschiedenfarbigem Sammt
unterlegt und durch Nieten mit halbrunden Köpfen festgehalten. Die
Farben des Sammtes sind: Gelblichweiß, Purpur, ferner ein warmes
Grün in drei Schattirungen. Die technische Herstellung eines solchen
Gegenstandes bietet, wie leicht ersichtlich, gar keine Schwierigkeiten;
und dennoch ist damit die Möglichkeit gegeben, in unendlich reicher
Abwechselung Fnrben- und Formencombinationen der vollkornmensten
Art zu erzielen. Das freieste Schaffen findet hier den größten Spielraum.