also genau jene späte halbmoderne Art der farbigen Behandlung, die wir
an dem hessischen Stuhl von t864 beobachtet haben. Gegenüber diesen
überwiegenden Uebereinstimmungen zwischen den pommerischen und
den hessischen Stühlen, darf die abweichende Form der Lehne wohl
ebensowenig in's Gewicht fallen, als an dem bei Lessing a. a. O. neben
dem hessischen abgebildeten Stuhl vorn Jahre 1794 aus dem Alten Lande
bei Hamburg, der eben gleichfalls ein Armstuhl ist. Denn auch an diesem,
der allerdings mit seinen gedrehten Balusterlehnen ein vornehmeres,
städtisches Genre repräsentirt, begegnen wir der eigenthümlichen Orna-
mentik der hessischen Stühle, wie sie übrigens auch an den Stickereien
aus den Elbmarschen vom vorigen Jahrhundert durchgängig vorherrscht.
Es sei hier schließlich noch hingewiesen auf die grundsätzliche Ver-
schiedenheit zwischen jener hessisch-nordischen und der süddeutschen Stuhl-
form, die sich in Tirol gleichfalls bis zum heutigen Tage noch lebendig
erhalten hat. Der Unterschied dieser letzteren gegenüber dem hessischen
Stuhl besteht vornehmlich in der schmaleren, in der Mitte etwas einge-
zogenen Rücklehne und den gegrätschten Beinen. Dem entsprechend ist
auch der Sitz des Tiroler Bauernstuhls nicht so breit, und häufig acht-
eckig oder rund gestaltet. Um das Vorbild (oder wenigstens die nächste
Verwandtschaft) des Tiroler Stuhles sind wir keineswegs verlegen: es ist
dies der italienische Renaissancestuhl des XV. und XVl. Jahrhunderts,
den wir besser als Sitzschemel bezeichnen können. So bezeichnet ihn
auch Lessing, der in Heft 5 der Vorbildersammlung, auf Tafel 3 und 4,
einige tretfliche Beispiele davon gegeben hat. Die Stützen dieser italie-
nischen Sitzschemel bestehen zwar nicht in gegrätschten Beinen, sondern
in zwei sculpirten Stützbrettern; dagegen ist die Uebereinstimmung in
der reich sculpirten, in der Mitte etwas eingezogenen und auch oben in
der Regel mehr oder minder convergirend verlaufenden Rücklehne eine
augenfällige. Seiner ländlichen Herkunft und Bestimmung entsprechend
verzichtet der Tiroler Bauernstuhl gewöhnlich auf die anspruchsvolle
Schnitzerei und greift zur farbigen Verzierung, worin er sich nun wieder
mit seinem Standesgenossen, dem hessischen Bauernstuhl, berührt.
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit
demselben verbundenen Institute.
Freiherr Albert von Rothschilcrsohe Jubiläums-Süftung.
Wir bringen im Folgenden den seitens der k. k. n.-ö. Statthalterei unter
dem 25. November v. 1., Z. 68.700, mit der Genehmigungsciausel ver-
sehenen "Stiftbriefu vollinhaltlich zum Abdruck.
STIFTBRIEF.
Die unterzeichneten Curatoren beurkunden kraft gegenwärtigen Stiftbriefes:
Es habe der mitunlerferligle Albert Freiherr von Rothschild, Chef des
Großhandlungsheuses S. M. v. Rothschild, in Wien unterm 1.8. November 1383 zur