an dem zu Grunde liegenden Carton vorläuhg bei Seite lassen, wollen
wir vor Allem den Schlusssatz des Gutachtens in's Auge fassen, und die
Orts- und Zeitbestimmung nach Möglichkeit in's Reine zu bringen trachten.
Einer Beschreibung des Arrazetto sind wir durch die beifolgende
Abbildung (Fig. i) überhoben; es muss aber beigefügt werden, dass der
Grund aus Rohleinen besteht, worauf die Halbschatten in gelber, die tiefen
Schatten in rother Wolle ausgeführt sind, während die Lichter durch-
wegs mittelst Silberfäden aufgesetzt erscheinen. Auch die schwarze In-
schrift INRI ist auf Silbergrund gewirkt. Hienach scheint der Carton,
nach welchem der Arrazetto gefertigt wurde, nicht in Farben ausgeführt
gewesen zu sein, sondern nur in einer getuschten Zeichnung bestanden
zu haben. Die Maße sind außerordentlich klein, und betragen 55 Centi-
meter in der Länge und 53 Centimeter in der Breite.
Ohne die Autorität des Directors der vaticanischen Gobelinmanu-
factur unterschätzen zu wollen, vermögen wir die Gründe nicht einzu-
sehen, weshalb er die Entstehung des Arrazetto so "zweifellos: nach
Ferrara versetzt. Die ferraresische Gobelinfabrication fällt, so viel wir
wissen, auf zwei verschiedene Zeitperioden, die durch eine etwa 40 bis
Sojährige Pause von einander getrennt sind. Die erstere dieser beiden
Perioden fällt in's XV. Jahrhundert, kann somit im vorliegenden Falle
nicht in Betracht kommen. Die zweite beginnt mit dem Regierungsan-
tritte Ercole's II. von Este (r534) und währt bis gegen das Ende seines
Nachfolgers Alfonso II. (1597). Unter den erhaltenen und in schriftlichen
Ueberlieferungen erwähnten Arrazzi dieser Periode findet sich kein
einziger, der mit dem in Rede stehenden in irgend einem ersichtlichen
Zusammenhange stünde. Die ganze ferraresische Production jener Zeit war
überhaupt vorwiegend historischen oder mythologischen Stoffen zuge-
wendet. Große Sorgfalt wurde auf die ornamentale Ausstattung, reiche
Bordüren, Grotesken, Landschaftliches verwendet, und die wenigen er-
haltenen Stücke sind überdies in der Regel signirt, entweder mit dem
niederländischen Namen Karcher, der sich auf einen der Leiter der
ferraresischen Gobelinfabrik bezieht, oder mit Angabe der Stadt Ferrara
und einer Jahrzahl. Die genannten Eigenthümlichkeiten der ferraresischen
Gobelins vermisst man an unserem Arrazzetto, und es erscheint somit
schon aus äußeren Gründen nicht wahrscheinlich, dass derselbe in Ferrara
angefertigt wurde.
Der Grund, weshalb Gentili so nzweifellosu für die ferraresische Her-
kunft eingetreten ist, dürfte hauptsächlich darin liegen, dass nach einer
Mittheilung der dermaligen Besitzerin, gemäß einer in ihrer Familie ver-
erbten Tradition, der Arrazetto einstmals der Prinzessin Eleonora d'Este,
der Schwester Alfons' II. und Gönneriu Tasscfs, gehört haben soll, und
von dieser an einen Geistlichen verschenkt worden wäre, dessen Familie
das Geschenk ebenso wie das Andenken der Spenderin allezeit in größter
Pietät bewahrt hätte. Ein Handschreiben der Prinzessin, das die erwähnte