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Draperie in etwas verschiedener Weise, erscheint das INRl auf einem
rhomboidischen Täfelchen anstatt auf einem Carteggio mit eingerollten
Rändern geschrieben. Wichtiger ist dagegen, dass der Mann rechts unten,
der die Beine des Leichnams hält, auf dem Arrazetto mit einem flatternden
Mantel ausgestattet ist; dagegen fehlen ihm hier die Beinkleider, die
er auf dem Stiche trägt. Es kann auch kaum zweifelhaft sein, warum dem
Manne auf dem Arrazzetto der Mantel gegeben wurde. Die nach rechts
wegüatternde Draperie sollte das Gleichgewicht gegenüber dem bauschigen
Mantel des Johannes herstellen, was im Arrazzetto um so nothwendiger
war, als hier der Baum fehlt, der im Stiche die gedachte Function -
allerdings in ungenügendem Maße - erfüllt. Von demselben Mantel
Hattert ferner ein Zipfel auch unterhalb der Leiter in das von der
letzteren und vom Kreuzesstamm eingeschlossene Feld, und hier ist seine
Bestimmung nicht minder klar; er sollte offenbar zur theilweisen Ausfüllung
jener von Delaborde bemängelten Lücke dienen, die sich übrigens auch
sonst auf dem Arrazetto weit weniger störend bemerkbar macht, da die
Stadt hier aus dem Hintergrunde weiter nach vorne gerückt ist, und
in der linkseitigen Oelfnung zwischen Leiter und Kreuz ein steil ab-
fallendes Felsmassiv sich hervordrängt. Aber auch die Niveauditferenz
zwischen dem oberen und dem unteren Plane erscheint gegenüber dem
Stiche vermindert, indem das Kreuz sammt den Leitern etwas tiefer ge-
stellt ist, und in Folge dessen die Figuren der unteren (Mariem) Gruppe
mehr in den freien Mittelraum hineinragen, die beiden Gruppen also
einander näher gebracht sind. Die Gesammtanordnung geht somit auf
dem Arrazzetto mehr in die Breite als in die Höhe, und verdient gegen-
über derjenigen auf dem Stiche den Vorzug, so dass ersterer mindestens
nicht weiter entfernt von Ralfael erscheint, als Marcanton's Stich.
Das Ergebniss der durchgeführten Vergleichung lässt sich dahin
zusammenfassen, dass Stich und Arrazzetto einerseits von einander unab-
hängig sind, andererseits aber so viele enge Verwandtschaften aufweisen,
dass sich die Vermuthung aufdrängt, es müsse beiden der gleiche Arche-
typus zu Grunde gelegen haben. Und zwar liegt die Verwandtschaft in
der figuralen Composition, während das landschaftliche Beiwerk durchaus
verschieden erscheint; dies entspricht aber vollkommen dem üblichen
Verhältnisse, wonach der erfindende Meister blos eine Figurenskizze zu
liefern pflegte, die dann vom Stecher für seinen Stich oder von den
Schülern für den Arrszzo-Carton im Einzelnen ausgeführt wurde.
In der Galerie Borghese befindet sich das einzige Tafelgemälde
RatTaePs, das mit dem hier behandelten Gegenstande in einigem stolflichen
Zusammenhang: steht. Es ist dies die Grablegung, die Raffael auf Be-
stellung der Atalanta Baglioni als Altarblatt für eine Kirche in Perugia
gemalt hatte. So wie uns das fertige Bild in der Galerie Borghese ent-
gegentritt, wird es Mühe kosten zwischen dieser Grablegung und der
Kreuzabnahme eine Verwandtschaft herauszufinden. Aber der Ausführung