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für gelegentlichen Bedarf des Allerhöchsten Hofes angefertigt worden;
sie sind durchaus in vornehmer künstlerischer Eigenart componirt und
sehr sorgfältig gezeichnet. Das Oesterr. Museum erhält durch dieses
Geschenk namentlich in der reichen Sammlung von Monogratnmen einen
äußerst werthvollen und brauchbaren Vorbilderschatz für Zeichner, Gra-
veure, Schriftenmaler, Kunststicker u. dgl.
Besuoh des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Februar von 8237, die Bibliothek von 2296 und die Vorlesungen von 492. Per-
sonen besucht.
Neu ausgestellt. Saal l: Weinkanne mit Email, Kaschmir; chinesischer Email-
teller; Brustschmuck von einem Marienbilde, Filigran aus Tirol; 4 Krüge und ein Salz-
fass, Galvanoplastik von C. Hass; Reliquiar u. Jahrh., Ciborium 13. .lahrh., Kelch mit
Patene, 16. Jahrh., ägyptischer Siegelring, ägyptische Aegide, Medaillon 15. .lahrh.,
Taschenuhr, Handspiegel, Bügel einer Gürteltasche. Schreibtafel, sämmtlich Galvanoplastik
von Christoße nach Originalen im Louvre; Riechtlaschchen, Gold mit grünem Emsil,
Empire. - Saal ll; Drei Vasen von Hache in Vierzon; Kamm und Schreibzeug, ober-
hessisch; Porzellanteller und Schalen, Wien um 1850; Porzellanteller, Fürstenberg;
Kaffeeschale, Berlin um t77o. - Saal lll: Gläser aus den Fabriken Venezia-Murano,
Leveille, Baccarat, Brocard und Clichy. - Saal lV: Kirchliche Stickereien von Steph.
Christomanos, Eigenthum der Frau Marie Dumba; Tischchen mit Platte von Strohtnosaik,
verfertigt -von Jos. l-leinisch in Wien.- Saal Vl: Collection südslavischer Stickereien,
Eigenthurn der Frau Risa Krisshaber; Schreibpult von amerikanischer Arbeit und ameri-
kanischer Einrichtung, ausgestelltdurch Alex. Mayer 6x Co. ; gobelinartig gemalter Wandteppich
von Fanny Dannelter in Triest. - Saal Vll: Schachbrett von Adam Eck zu Eger,
17. Jahrhundert.
Vorlesungen. Am I9. December v. J. hielt Custos Folnesics einen Vortrag
ober aRomantik und Kunstindustrie-t. Von der Thatsache ausgehend, dass es nicht
gelungen ist, einen bestimmten Stil der Vergangenheit zur charakteristischen Formen-
sprache des 19. Jahrhs. zu erheben, stellt der Vortragende die Behauptung auf, dass eine
der Ursachen dieser Erscheinung in der romantischen Tendenz liege, welche unser Kunst-
schaEen seit Beginn des Jahrhunderts begleitet. Diese Tendenz ruft einen Widerspruch
zwischen Kunst und Leben hervor, der es immer wieder verhindert, dass die Kunst
dahin gelange, wozu sie schließlich berufen sei: den edelsten Ausdruck, die feinste
Blmhe des gesammten Culturlebens zu bilden.
Wir besitzen eine durch die romantische Litteratur großgezogene Neigung ferne,
fremde Kunstweisen nachzuahmen, die mit unseren Sitten, Gewohnheiten und Bedürf-
nissen nichts zu schaffen haben, und sind stets bereit mystische Phantastik an Stelle
echter Poesie zu setzen, ja im allgemeinen Volksbewusstsein sind Romantik und Poesie
zwei sich deckende Begriffe. - Bereits der Empirestil war nicht ganz frei von Romantik,
denn dieses Sichzurücktraumen in die Antike stand zum wirklichen Leben in sehr
phantastischem Widerspruch. ln culturgeschichtlicher Beziehung ist diese Erscheinung
etwas durchaus Neues. Denn wiederholt war man wohl bestrebt, eine ferne liegende
Vergangenheit der Gegenwart nutzbar zu machen, niemals aber handelte es sich um eine
theilweise und künstliche Neubelebung derselben. Auf jenem Vorgang: beruht der
Fortschritt, dieser führt zur Leblosiglteit und Zeugungsunfähigkeit. Man schaut nicht
mehr in die Vergangenheit, blos um zu lernen, sondern mit dem elegischen Wunsche,
sie von Neuem zu genießen.
Mit dem Auftreten der Romantiker in der Litteratur wandten sich die sehnsuchts-
vollen Blicke dem Mittelalter zu. Die patriotische Begeisterung der Frciheitskriege unter-
stützte die Schwärmerei für den angeblich wgermanischenu Stil. - Die Franzenburg in
Laxenburg, das Schloss Coburg, das Lustschloss Reinhardsbrunn, die Schlosser Lands-
berg, Rosenberg, Babelsberg und Hohenzollern, die Burgen Stolzenfels, Rheinstein,
Nürnberg u. s. w. sind Beispiele für diese Richtung. Um die Mitte des Jahrhunderts
begann zwar eine Gegenstromung, die später die Reform des Kunstgewerbes herbeiführte
und großartige Erfolge erzielte, aber schon die nationale Begeisterung nach dem deutsch-
franzosischen Kriege weckte von Neuem die Romantik aus kurzem Schlummer und sie
bemachtigte sich nun der deutschen Renaissance in ganz ähnlicher Weise wie früher der
Gothik. Selbst die Bezeichnung blieb dieselbe, denn das Volk nannte ohne einen Unter-
schied zu machen beide Kunstweisen naltdeutscha. Das deutsche Patrizierhatls des
16. Iahrh. wurde unbekümmert um die Anforderungen der Gegenwart getreulich nach-
gebildet mit allen seinen langst, und zum Theil mit vollem Rechte, aufgegebenen Eigen-
thumlichkeiten. Die Romantik hat es verschuldet, dass dieser unserem ästhetischen
Empfinden zweifellos am meisten zusagende Stil uns so rasch zum Ueberdruss geworden,