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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 4)

französische Muster. Es gilt dies vornehmlich von einem am Ausgange 
des 17. Jahrhs. vielbeschäftigten Entwerfer von Teppichcartons, von 
Ludwig van Schoor (1- 1702). Teppiche, deren Inhalt laut Signirung 
auf seine Erfindung zurückgehen, finden sich von verschiedenen Firmen 
hergestellt. ln der Ausstellung begegnen wir zweien solchen, mit der 
Darstellung der Europa und Amerika (Graf Enzenberg), aus einer Suite 
der vier Welttheile; als Wirker ist der nachweislich noch im Jahre 1707 
thätige A. Auwercx genannt. Dieselbe Suite, aber ausgeführt von der 
Firma van den Hecke, wurde nachweislich zwischen 1690 und 1700 
nach Holland geliefert; es ist dies derselbe van den Hecke, von dem mehra 
fache Offerten auf ganze Zimmergarnituren aus den letzten Jahren des 
i7. und den ersten des 18. Jahrhs. vorhanden sind. Dagegen hat wiederum 
A. Auwercx eine in den kais. Hofsammlungen befindliche Suite der die 
Welt beherrschenden Kräfte (Fortitudo,Abundantia etc.) nach van Scho0r's 
Cartons ausgeführt. Allegorische Darstellungen dieser Art scheinen über- 
haupt van Scho0r's und seiner Zeitgenossen Lieblingsgegenstände gewesen 
zu sein: im Gardemeuble zu Paris ist ein Herbst (also aus einer Suite 
der Jahreszeiten), beim Fürsten Czartoryski eine allegorische Krönung 
mit mythologischen Figuren, beide nach van Scho0r's Erfindung. Da 
findet sich nun nirgends mehr die robuste Sinnlichkeit und wuchtige 
Charakteristik der Rubens'schen Compositionen, dafür die deutliche 
Neigung zum Gefälligen, Anmulhigen, zugleich aber Unbedeutenden, 
Nichtssagenden. 
Daneben werden auch die alten Cartons aus den vorhergehenden 
Jahrhunderten, soweit es ihr Zustand noch zuließ, noch immer von 
Neuem zur Darstellung gebracht. So begegnen wir einem Cyklus mit 
Scenen aus dem Irojanischen Kriege (Fürst Liechtenstein) signirt von 
Francois van der Borcht, der in den Listen der Gilde zwischen 
1727 und 176! aufgeführt erscheint,alsozu ihren letzten Vertretern zu zählen 
ist. Jener Cyklus geht gewiss noch zum Theile auf Inspirationen der 
Rubens-Zeit zurück, aber die ehemals überkräftigen Kriegergestalten er- 
scheinen hier bereits zu Theaterfiguren reducirt. Besser entspricht der 
eigenthümlichen Weise der Spätzeit ein Moses-Cyklus von Peter van 
der Borcht (Fürst Liechtenstein). Ein Teppich aus diesem Cyklus 
findet sich auch in einem zweiten, etwas vermehrten Exemplare mit der 
Signatur des Francois van der Borcht (Gräfin Brunswick-Deym), der also 
den vollständigen Carton zur Ausführung gebracht hat, während sein Zeit- 
genosse Peter (1- 1763) denselben mit einer Auslassung und Verkürzung 
wiedergegeben hat. Mit dem Absterben der letzten van der B0rcht's erlag 
die Brüsseler Teppichwirkerei der Ungunst der Zeiten. 
Die französische Gobelinwirkerei, durch welche die Pflege dieser 
Kunstindustrie überhaupt in's ig. Jahrh. herübergerettet worden ist, hat 
dem prunkliebenden Regimente Ludwigs XIV. und dem Eingreifen seines 
Ministers Colbert zwar ihren großartigen Aufschwung in der zweiten
	        
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