gegebenen Scenen mit mehr oder weniger Staßagepersonen oder sonstigen
Nebensachen, nur um größere und geringere Kunstfertigkeit, um feine,
gediegene Ausführung, um völliges Beherrschen der verschiedenen
Techniken. Freilich gab es innerhalb der hieratisch fixirten Grenzen
immer noch eine gewisse Freiheit der Combination, ja selbst der Erfin-
dung. Denn an eine Erstarrung der byzantinischen Kunst in jenen Zeiten
wird doch nur derjenige denken, der für die Variationen byzantinischer
Formen sein Auge und Verständniss nicht gebildet hat. Nur eine gewisse
hieratische Einförmigkeit ist nicht zu leugnen. Aber, und das ist dankbar
anzuerkennen, die Byzantiner waren nicht allein die Bewahrer des antiken
Formgefühls, die treuen Aushildner altchristlicher Kunsttypen und Tra-
ditionen, die Ueberlieferer uralter Techniken, die sie durch ihre Berührung
mit dem kunstfertigen Oriente bereicherten und ausbildeten; sie sind auch
für den gesammten Occident die Brücke geworden, auf der der Barbare
hinüberzog in das Reich der schönen Künste.
Abgesehen von manch einem der Merowingischen Fürsten, welche
mit Constantinopel in Verbindung standen und während deren Regierung
wenigstens die Goldschmiedekunst blühte, war der erste große Mäcen der
Künste, dem wirklich die Augen geöffnet waren, der große Kaiser Karl.
Er hatte in Italien, ja auch selbst in seinen Landen manch schönes
antike Denkmal gesehen, an seinem Hofe kamen zu viele und werthvolle
Kunstwerke - auch aus Byzanz und den arabischen Ländern - zu-
sammen, als dass nicht in ihm der Gedanke rege geworden wäre, er
müsse es auch in Pflege der Kunst den oströmischen Kaisern und den
Beherrschern der Ungläubigen gleichthun; als dass er nicht das Gefühl
gehabt hätte, die nach Formenschönheit und Gedankentiefe strebende
Kunst als Bilduugsmittel seiner Völker zu verwerthen. Die Kunst um
ihrer selbst Willen achten und lieben, das wird man von Karl d. Gr.
nicht erwarten. Ihm ist die Kunst ein Mittel zu bestimmten Zwecken, er
kann nur die religiöse, lehrhafte Kunst protegiren. Und die Zeitumstände
dazu waren günstig, wie selten.
Der Bildersturm, der die östliche Kirche durchbrauste, ja selbst den
fränkischen Hof ein wenig stutzig machte, hat in Byzanz erst lange nach
Karl d.Gr. wirklich ein Ende gefunden. AufLandschaftemThiera undFrucht-
bilder mochte während des Kampfes die Kirchendecoration sich beschränken,
servile Ceremonienbilder waren auch nicht durch das Verdict getroffen.
Ein Exodus der kirchlichen Künstler nach Italien, nach dem Westen,
begann, der nur befruchtend auf etwa noch vorhandene Reste antiker
Kunstfertigkeit wirken konnte. Wer Verständniss und die Mittel für Kunste
werke hatte, mochte seit Leo dem lsaurier (716-741) leicht die dienst-
eifrigen Hände finden. Karl d. Gr. holt sich für seine Prachtbauten nicht
blos das antike Säuleumaterial, er holt sich auch die Künstler und Hand-
werker aus Italien. Im Dom-Oktogon von Aachen lösen diese mit einer
gewissen Bravour schwierige Aufgaben des Gewölbebaues. Nur lange