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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 4)

Uebung hat die Männer dazu befähigt. Unter Karl d. Gr. ist "bereits 
die Fortentwickelung der altchristlichen Basilica zur romanischen an- 
gebahntu (Janitschek). Aber Karl d. Gr. hat nicht blos Prachtbauten, als 
Symbole der hohen Macht, errichtet, sicher hat seine Kunstliebe es be- 
günstigt, dass mehrere Kunstschulen entstanden neben der Hofschule (in 
Karls letzter Zeit meist zu Aachen), die des Alcuin (in S. Martin von 
Tours), die von Metz, Rheims, von Corbie und die iroschottischen Ein- 
flüssen nachgebende Schule von S. Denys 1). Ueberall zeigt sich die Auf- 
nahme antiker Elemente in die westländische, aus einer Mischung von 
vVölkerwanderungsstilu und irischen Elementen entstammten Malerei (Ada- 
Handschrift S. 67). Nur fränkische Namen begegnen uns, die aus diesen 
Schulen hervorgingen, Madalulfus in Carnbray, Brun-Candidus in Fulda, 
Godescalc (Frantz, Geschichte der christlichen Malerei, I. 259, Janitschek, 
Geschichte der christlichen Malerei, S. 21-25). Doch um Gründung 
solcher Kunstschulen in den civilisirten Theilen des Reiches handelte es 
sich für Karl d. Gr. vielleicht weniger, als um Gewinnung der breiten 
Masse des Volkes für Gesitlung und christliches Leben. Daher blickt er 
hinüber zum kräftigen Sachsenvolke; auch das will er für das Christen- 
thum gewinnen. lhm ist diese Sache gleichbedeutend mit Civilisation und 
Cultur. Man weiss, wie sich die Sachsen um ihre Unabhängigkeit wehrten. 
lhnen war das Christenthum die Religion des Mannes, der sie unter sein 
Scepter beugen, ihren Mannesmuth brechen wollte. Wie langwierig und 
wie schreckensvoll die Kämpfe waren: langsam, aber zielbewusst drangen 
die Glauhensboten, die Mönche, im Sachsenlande vorwärts, unter tausend 
Gefahren gelang es, Sitze des christlichen Lebens, der Gesittung, der 
Künste im Feindeslande zu gründen, den Sachsen mit Christi Religion 
zu versöhnen, ihn hereinzurufen in's Heiligthum. Osnabrück hatte schon 
zu Karl's Zeit 803 einen Bischof. Liudger, ein Friese, der in Utrecht, der 
Pflanzschule für viele Lehrer der Sachsen, studirt hatte, war nach Vollendung 
seiner Studien zu York nach Sachsen als Glaubensbote zurückgekehrt; 782 
muss er vor dem Sachsenherzog Widukind flüchten, und geht nach Monte- 
cassino; nachdem Ruhe geworden, übernimmt er fünf friesische Gaue 
zur geistlichen Leitung, und lässt sich in Mimigardeford 802 nieder; der 
Ort heißt heute Münster. Auch Werden hat er gegründet und nach 
der Weise Montecassintfs geordnet. Auch die Bischofssitze Paderborn, 
Minden, Bremen entstehen am Anfange des 9. Jahrhunderts. Das Bisthum 
Bremen-Hamburg sollte Metropole für den Norden sein. Nachdem 
einmal Sachsen beruhigt war, wetteifern selbst Widukind's Nachkommen in 
der Stiftung von Klöstern mit anderen Edlen: Corvey, eine Tochter und 
ein Abbild des Klosters Corbie an der Somme 815 und 823, ist die Gründung 
') Siehe Janitschek, Gesch. der Malerei. Berlin. Grete, 1890. S. 27. - Die Trierer 
Ada-Handschrift. Leipzig, Dürr, 1889. (Die Abhandlung von Jlnitschek, S. 72 fg.) - 
Beißel, Stimmen aus Maria-Lach, 1890. S. 31.4. fg. 
7.
	        
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