Uebung hat die Männer dazu befähigt. Unter Karl d. Gr. ist "bereits
die Fortentwickelung der altchristlichen Basilica zur romanischen an-
gebahntu (Janitschek). Aber Karl d. Gr. hat nicht blos Prachtbauten, als
Symbole der hohen Macht, errichtet, sicher hat seine Kunstliebe es be-
günstigt, dass mehrere Kunstschulen entstanden neben der Hofschule (in
Karls letzter Zeit meist zu Aachen), die des Alcuin (in S. Martin von
Tours), die von Metz, Rheims, von Corbie und die iroschottischen Ein-
flüssen nachgebende Schule von S. Denys 1). Ueberall zeigt sich die Auf-
nahme antiker Elemente in die westländische, aus einer Mischung von
vVölkerwanderungsstilu und irischen Elementen entstammten Malerei (Ada-
Handschrift S. 67). Nur fränkische Namen begegnen uns, die aus diesen
Schulen hervorgingen, Madalulfus in Carnbray, Brun-Candidus in Fulda,
Godescalc (Frantz, Geschichte der christlichen Malerei, I. 259, Janitschek,
Geschichte der christlichen Malerei, S. 21-25). Doch um Gründung
solcher Kunstschulen in den civilisirten Theilen des Reiches handelte es
sich für Karl d. Gr. vielleicht weniger, als um Gewinnung der breiten
Masse des Volkes für Gesitlung und christliches Leben. Daher blickt er
hinüber zum kräftigen Sachsenvolke; auch das will er für das Christen-
thum gewinnen. lhm ist diese Sache gleichbedeutend mit Civilisation und
Cultur. Man weiss, wie sich die Sachsen um ihre Unabhängigkeit wehrten.
lhnen war das Christenthum die Religion des Mannes, der sie unter sein
Scepter beugen, ihren Mannesmuth brechen wollte. Wie langwierig und
wie schreckensvoll die Kämpfe waren: langsam, aber zielbewusst drangen
die Glauhensboten, die Mönche, im Sachsenlande vorwärts, unter tausend
Gefahren gelang es, Sitze des christlichen Lebens, der Gesittung, der
Künste im Feindeslande zu gründen, den Sachsen mit Christi Religion
zu versöhnen, ihn hereinzurufen in's Heiligthum. Osnabrück hatte schon
zu Karl's Zeit 803 einen Bischof. Liudger, ein Friese, der in Utrecht, der
Pflanzschule für viele Lehrer der Sachsen, studirt hatte, war nach Vollendung
seiner Studien zu York nach Sachsen als Glaubensbote zurückgekehrt; 782
muss er vor dem Sachsenherzog Widukind flüchten, und geht nach Monte-
cassino; nachdem Ruhe geworden, übernimmt er fünf friesische Gaue
zur geistlichen Leitung, und lässt sich in Mimigardeford 802 nieder; der
Ort heißt heute Münster. Auch Werden hat er gegründet und nach
der Weise Montecassintfs geordnet. Auch die Bischofssitze Paderborn,
Minden, Bremen entstehen am Anfange des 9. Jahrhunderts. Das Bisthum
Bremen-Hamburg sollte Metropole für den Norden sein. Nachdem
einmal Sachsen beruhigt war, wetteifern selbst Widukind's Nachkommen in
der Stiftung von Klöstern mit anderen Edlen: Corvey, eine Tochter und
ein Abbild des Klosters Corbie an der Somme 815 und 823, ist die Gründung
') Siehe Janitschek, Gesch. der Malerei. Berlin. Grete, 1890. S. 27. - Die Trierer
Ada-Handschrift. Leipzig, Dürr, 1889. (Die Abhandlung von Jlnitschek, S. 72 fg.) -
Beißel, Stimmen aus Maria-Lach, 1890. S. 31.4. fg.
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