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Im Gefolge der Ritzarbeit und Punzirung begegnen wir im 14. Jahr-
hundert noch einer dritten, unter den farblosen Decorationsweisen wohl
der vornehmsten Ledertechnik: dem Blinddruck, respective der Blind-
pressung. - Sie beruht auf der Eigenschaft des Leders, durch Druck
mittelst eines erwärmten Metallwerkzeuges dunklere Färbung und erhöhten
Glanz zu erhalten. Auf diese Weise kann durch entsprechend geformte
Werkzeuge in der Art von Stempeln, Rollen, Fileten, Streicheisen u. s. f.
jede beliebige Zeichnung auf der Lederoberfläche hervorgerufen werden.
Das Werkzeug wird hiebei mit der Hand geführt und die Zeichnung
partienweise, Strich für Strich, Blatt für Blatt, zusammengesetzt.
Dieser ziemlich langwierige, sowohl künstlerisches als technisches
Verständniss bedingende Vorgang kann nun freilich sehr vereinfacht und
abgekürzt werden, wenn man die ganze darzustellende Zeichnung mittelst
einer abgepassten Platte (Stanze) auf einmal abdruckt, wie dies durch
Maschinenarbeit bei der sogenannten Blindpressung geschieht. Aber,
was hiebei, technisch betrachtet, eine Errungenschaft oder doch wenigstens
ein Fortschritt ist, bedeutet künstlerisch keineswegs einen solchen, denn
der Plattendruck verhält sich zum Handdruck wie eben Maschinarbeit
zur Handarbeit überhaupt. Zwischen die eigentliche künstlerische Leistung
- welche wir beim Plattendruck lediglich im Stanzenschnitt zu erblicken
haben - und das fertige Product, das gepresste Leder, wird der me-
chanische Vorgang auf der Maschine eingeschoben, und, was dadurch
verloren geht, ist jene individuelle Wirkung, die von der Hand des
Künstlers auf das unmittelbar Hervorgebrachte allein übergeht. Abgesehen
davon ist auch ein ganz gewaltiger Nachtheil der Platte dem Handwerk-
zeuge gegenüber der, dass jene nur eine einzige Zeichnung, dieses je
nach der Phantasie des Arbeiters mehr oder weniger Variationen zulässt.
Dem Blinddruck folgt als nächste Technik der Lederdecoration der
Schwarzdruck. Innere und äußere Gründe wirken zusammen, diese
Folge herbeizuführen; denn nicht blosliegt es sehr nahe, die Druckwerk-
zeuge einmal der Abwechslung wegen, anstatt sie im trockenen Zustande
abzudrucken, vorher mit Farbe zu bestreichen und so einen farbigen
Abdruck zu erzielen, sondern auch die gewaltige Erfindung Gutenbergs
unter deren Einfluss die ganze zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts fällt,
nöthigt förmlich zu dem Gedanken des farbigen Stempelabdrucks.
Im Uebrigen ist der Einfluss der Erfindung der Buchdruckerei auf
den Bucheinband keineswegs so groß, als man a priori anzunehmen ver-
sucht wäre. Die Gründe dafür dürften vielleicht darin zu suchen sein,
dass, technisch betrachtet, der Blinddruck eigentlich schon eine Anticipation
des Buchdruckes vorstellt, weshalb dann dieser selbst für die Buch-
decoration nichts wesentlich Neues bedeutet. Wirklich sind der Einflüsse
der Buchdruckerei auf den Bucheinband blos zwei: Die erhöhte Buch-
production, welche aber kaum einen wesentlichen Vortheil für die künst-
lerische Herstellung des Buches bedingen konnte, und die Anwendung
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