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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 6)

der Formen des Buchdruckes auf die Buchdecke, welche allerdings noth- 
wendig eine Bereicherung der Formensprache der Buchbinderei bedeutet. 
Meister wie Lukas Cranach, Hans I-Iolhein, Peter Flötner u. A. gewinnen, 
indem sie für den Buchdruck arbeiten, einen unmittelbaren Einfluss auf 
den Stil des Bucheinbandes, und die Stempelschneider des 15. Jahrhunderts 
suchen ihre Vorbilder in den Titelzeichnungen jener Meister. 
Dass der Gedanke des Stanzendruckes (nach Analogie des Holz- 
schnittes) nunmehr mit unwiderstehlicher Gewalt hervorbrechen musste, 
ist wohl selbstverständlich, bedarf aber nach der oben ausgesprochenen 
Charakteristik keiner weiteren Worte. 
Alles in Allem genommen hat somit der Buchdruck auf den Buch- 
einband wohl befruchtend gewirkt, aber diese Wirkung ging mehr in die 
Breite als in die Tiefe, war mehr eine industriell als künstlerisch be- 
lebende: Keine vereinzelte Erscheinung in der Kunstgeschichte, wenn 
man diese mit der Entwickelungsgeschichte der technischen Erfindungen 
zusammenhält. 
Mit dem Ende: des 15. Jahrhunderts beginnt die eigentliche Blüthezeit 
des Bucheinbandes, welche auf Grundlage einer neuen Technik, der Ver- 
goldung, von Venedig aus ihren Einzug in Europa hält. In Venedig 
waren es orientalische Einflüsse, durch welche jene berühmten, unter 
dem Namen Aldinen bekannten Bücher mit Handvergoldung entstanden 
sind, die ihrem Verfertiger Aldus Manutius für alle Zeiten in der Kunst- 
geschichte ein unsterbliches Andenken gesichert haben. 
Der Grundgedanke der Handvergoldung ist wie bei allen übrigen 
angeführten Decorationsmethoden des Leders ein nicht blos durchaus 
material-specifischer, sondern auch höchst einfacher, naheliegender. Denken 
wir uns nämlich den Schwarzdruck nur dahin variirt, dass anstatt der 
Schwärze eine Blattgoldlage verwendet wird, so erscheint (unter gewissen, 
sehr bescheidenen, technischen Voraussetzungen) die vorhin schwarze 
Zeichnung vergoldet. Diese Voraussetzungen sind in der Hauptsache ein 
festes oder flüssiges Bindemittel zwischen dem Gold und dem Leder 
(entweder pulverisirtes Harz, Mastix, sogenannter Vergolderstaub, oder 
mit Wasser verdünntes Eiweiss), Erwärmung der Werkzeuge wie beim 
Blinddruck und last not least die nöthige Geschicklichkeit des Arbeiters. 
Die Werkzeuge sind genau die gleichen wie beim Blinddruck. 
Des Manutius Nachfolger sind uns, seine Söhne ausgenommen, ihrem 
Namen nach unbekannt geblieben. Dafür kennen wir die Namen der 
Bücherliebhaber jener Zeiten, für welche die berühmtesten Einbände 
angefertigt wurden. Es sind dies in Italien Thomas Majoli und in Frank- 
reich Jean Grolier. 
Obzwar es nicht erwiesen ist, so ist es doch höchst wahrscheinlich, 
dass Majoli und Grolier ein und dieselbe Werkstätte und zwar eine 
italienische beschäftigten, wie denn überhaupt die Beziehungen zwischen 
Italien und Frankreich in der Buchbinderei der damaligen Zeit sehr
	        
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