DER HISTORISCHE SCHUH
Im ersten Stockwerk hat eine Schau Platz gefunden,
betitelt ,,D e r historische Schuh“. Ein Wiener
Schuhmachermeister und Fachlehrer, Ludwig Schmied,
hat mit unermüdlichem Fleiße, ohne die oft beträchtlichen.
Kosten zu scheuen, Schuhwerk aus längst vergangenen
Jahrhunderten gesammelt und stellt sie der Ausstellung
bereitwilligst zur Verfügung.
An den Fußbekleidungen kommt der allmählich ver
feinerte Geschmack ihrer Träger deutlich zur Geltung.
-Anfänglich plump und einfach, wird der Schuh mit der
zeit vidfach umgestaltet, zierlicher und sorgfältiger her
gestellt. Das derbe Kuhleder wird nach und nach von
feineren Ledersorten verdrängt, bis endlich auch Stoffe,
Seide und .Atlas zur Verarbeitung kommen. Drei Kopien
-- Germanenschuh, Bundschuh und Schnabelschuh ver
anschaulichen die Ifrformen der Fußbekleidungen. Dann
folgt die breite ,,.Bärcntaze'‘ aus dem Jahre 1320, der
„Kuhfuß“ einer hübschen Venezianerin des i6. Jahr
hunderts, Schuhe aus dem 30 jährigen Kriege, ein ,,Alter
Fritz“-Stiefel, schwere Reiterstiefel eines russischen Kuriers,
Holzpantoffeln, Uebers'chuhe aus Holz, und in vielen ver
schiedenartigen Stücken und Paaren reizende Pantöffelchen
und Schuhe längst entschlafener Damen. Von zahlreichen
Exemplaren ist sogar der Namen ihrer Trägerinnen bekannt.
Natürlich fehlen in der reichen Sammlung nicht
solche Fußbekleidungen, die von Mitgliedern des Kaiser
hauses getragen wurden, darunter ein Paar Kinderschuho
aus dem Jahre 1850, Schuhe der Kaiserin Elisabeth, wie
auch ein Jagdschuh des Kaisers Franz Josefs. Der Adel
ist mit einer beachtenswerten Anzahl von Reschuhungen
vertreten, so beispielsweise durch die Brautschuhe der
I-ürstin Metternich. Selbst das Theater wurde nicht aus
gelassen: Dora. Keplinger, Josefine .Gallmayer,. Fanny
Eßler und andere werden durch ihr Schuhwerk in dauern
der Erinnerung gehalten. Exoten sind vorhanden aus
Rußland. China, Japan,. Siam, Indien, Arabien, Türkei.
Bessarabien, Balkan, Spanien, ja selbst aus Lappland und
Amerika.
Braut-, Ball- und Gesellschaftsschuhe sind zahlreich
vertreten, ebenso Reitstiefel und Bauernschuhe. Den Sport
verkörpern verschiedene Rergschuhe, dann Läuferschuhe,
sowie Schlittschuhe.- Auch Berufsschühe sind zu sehen,'
so ein Sennerinnenschuh, ein Servierschuh und einige
Kutscherstiefel, unter letzteren einer von der Hochzeit
des Kronprinzen Rudolf.
Die. Sammlung umfaßt 228 Nummern.
Jedenfalls findet der Fachmann in diesen wertvollen
Stücken und Paaren vielfach Zeugen ganz vorzüglicher-
.Arbeit, teilweise in bereits verschollener Handwerks
technik, die dem Kenner alle Hochachtung abzwängt vot
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